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Depression - wie es furchtbar enden kann und wie es nicht muss

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Als Therapeut zu arbeiten führt einem oft in Welten, die die meisten nicht nachvollziehen können. Depression zum Beispiel. Ich selbst lerne sehr viel von den Betroffenen dabei, vor allem, dass die Welt nicht so aussieht, wie die meisten Menschen es sich vorstellen. Doch manchmal gibt es Dinge, da bleibt mir für einen Moment die Luft weg. Das war diese Woche der Fall. Schuld war eine Nachricht. Es geht um Depression, es geht um Krokodile (lebendige).

Fressen

Wir leben hier, egal wie man es dreht und wendet, in einem sehr geschützten Rahmen. Dass jemand mit Depression zu jemand gehen und ohne selber zu zahlen, sich behandeln lassen kann, ist eigentlich einzigartig. Das wurde mir wieder klar, als ich folgende Überschrift las:

Geschrieben hat es die Bangkok Post. Es gibt auch ein Foto dazu, aufgenommen von einer Sicherheitskamera: Der Körper einer Frau, der auf dem Wasser treibt, Gesicht nach unten und auf Kopfhöhe taucht aus dem trüben Wasser der Schädel eines Krokodils und treibt langsam auf sie zu.


Die Frau, um die es sich handelt, war depressiv und Suizidgedanken und Impulse sind dabei eher die Regel als die Ausnahme.

An diesem Tag ging sie in den Zoo, zog ordentlich, wie in Asien üblich, bevor man irgend ein Haus betritt, ihre Schuhe aus und sprang in ein Gehege, das ungefähr 1000 Krokodile beherbergte.

Das Aufsichtspersonal versuchte einzuschreiten, aber ehrlich ... es gibt keine Methode, 1000 Krokodile vom Fressen abzuhalten.

Das schwarze Land jenseits des allgemeinen Horizonts

Ich kann nachvollziehen, dass die Leute so etwas absolut unverständlich finden. So eine Suizidmethode - sich bei lebendigen Leib fressen zu lassen - ist jenseits aller Erfahrung. Auch der meinen. Auch jetzt schnappe ich noch nach Luft. Vielleicht noch mehr als andere. (Ich war selber einmal in einem Wasser, in dem Krokodile vermutet wurden, das ist ein sehr ungutes Gefühl) 

Trotzdem kann ich einiges an Wanpen Inyai, so hieß die Frau, die ins Gehege sprang, nachvollziehen. Depression bringt einen in Welten, die unvorstellbar sind. Man muss sie kennen, um zu verstehen.

Wer nicht selbst einmal die Grenzen zu diesem schwarzen Land überschritten hat, der redet immer irgendwie wie ein Blinder von der Farbe. So gut, so professionell, so kompetent er auch sein mag. Es macht einen Unterschied, ob man über einen Baum nur liest, ihn wissenschaftlich untersucht, ihn berührt, Anpflanzmethoden studiert und praktiziert oder an ihm hochklettert. Das schwarze Land ist eine Erfahrung immer außerhalb der eigenen Vorstellungskraft.

Methoden helfen nicht

Depression ist gut erforscht und es gibt viele Methoden dagegen. Aber der Depression ist mit Methoden nicht beizukommen. Depression ist nicht Trauer, wie bei dem Verlust eines geliebten Menschen, das ist völlig klar. Aber eines haben die beiden gemeinsam:
Wer glaubt, man befolge ein paar Methoden, um die schweren Stunden "wegzumachen" und um es damit leichter zu machen, der hat nichts verstanden.
 Genau wie der Trauer wegen Tod mit Methoden nicht beizukommen ist, liegt Depression auf einer anderen Ebene. Und auf die müssen wir uns begeben, wollen wir etwas tun.

Aber wer kann sich vorstellen, dass Depression einem eine so entsetzliche Erfahrung beschert, dass man sich freiwillig bei lebendigen Leib fressen lässt? Dass dies besser ist, als weiter in diesem schwarzen Land festzustecken?

Wer das nicht versteht, der versteht noch immer wenig. Depression ist etwas anderes als  veränderte Botenstoffproduktion, ist etwas anderes als eine Krankheit. Und eine Störung ist sie nur für die Nicht-Betroffenen. Leider übernehmen viele Betroffene diese Meinung. Sie sind dann sehr überrascht, wenn sie merken, dass ich eine andere Position dazu stelle.

Depression hat viele Dinge, die wahr sind. 

  • Das Gefühl, von allen getrennt zu sein, zum Leben nicht dazu zu gehören und nie dazu zu gehören ... dieses Gefühl ist wahr.

  • Der fundamentale Zweifel an einem selbst, weil Entscheidungen so ungeheuer schwer fallen. Und wenn sie getroffen werden, zweifelt man, ob sie richtig waren. Und der ungeheure Zweifel, ob all die Bemühungen, die man sich mit so viel Kraft und um den Preis der übermüdeten Erschöpfung abgerungen hat, überhaupt einmal was bringen ... auch das ist eine Wahrheit.

  • Die quälende Schwere und Traurigkeit, die sich bis ins Mark hineinfrisst, während gleichzeitig die Sinne, weil bestimmte Filter nicht mehr funktionieren, überflutet werden mit Reizen, während man sich selber aber irgendwie langsam durch die Atmosphäre bewegt wie durch zähe Masse .... so viel, so schnell, so klebrig. Auch das ist wahr. Und noch vieles andere.

Die Empfindungen sind so und nichts ändert es. Auch das ist wahr und noch vieles andere. Gegen Wahrheit aber helfen keine Methoden. Wahrheit ist nur lebbar und erlebbar.

Was viele über Depression nicht wissen

Die Wahrheiten, die in der Depression liegen, kann man leben. Nur ein kleines und harmloses Beispiel (aber ich denke, nach der Krokodilssache genügt das):

Ich habe es oft erlebt, dass Depression jemand zu einer (über)kritischen und zynischen Haltung gegenüber der Umwelt führt.
Doch wenn man sich dann als Therapeut wirklich einlässt,
  • wie die Umwelt des Klienten tatsächlich funktioniert, 
  • wenn man all die eigenen von bürgerlichen Moralmaßstäben (die meist eh aus einer Gesellschaft vor 20 Jahren stammen) beeinflusste Lebenseinstellungen ablegt
  • wenn man die Erlebnisse, die der Klient in seiner Umwelt macht, so nimmt, wie sie sind, 
dann kommt man nicht selten zu dem, was Oscar Wilde bereits so trefflich formuliert hat:

Ich bin durchaus nicht zynisch, ich habe nur meine Erfahrungen.


Es gibt einen Pfad aus dem schwarzen Land

Depression führt einem Einblicke vor Augen, die anderen verschlossen sind, weil sie den Blick dafür nicht haben. Diese Wahrheiten sind es, die aus dem schwarzen Land führen. Öffnet man sich ihrer, anstatt dagegen zu kämpfen, bildet sich ein Weg in die Zukunft. Wahrheiten kann man nämlich nicht eliminieren, höchstens ständig gegen sie kämpfen oder wegdrücken. Das kostet ungeheuer viel Energie und führt immer zur Erschöpfung. Integriert man statt dessen die neuen Einsichten, wird das Leben leichter.

Nicht kämpfen

Depression ist ein Abschnitt auf dem eigenen Lebensweg. Er muss genau so begangen werden, wie die anderen Abschnitte. Es gibt keine Abkürzungen. Sie können ja auch Ihre Jugend nicht abkürzen oder wegmachen, auch nicht Ihre Pupertät oder Ihr Altern. All das sind Abschnitte auf dem Lebensweg.
Depression ist und kann gelebt werden, wenn wir sie als Teil unseres Lebensweges sehen können, wie alle anderen Teile auch. Dann zeigen sich Türen aus dem schwarzen Land.

Ich wünschte, Wanpen Inyai, die Frau, die ins Krokodilgehege sprang, hätte jemand gehabt, der ihr Fingerzeige auf diese Türen hätte geben können. Ich wünschte, viele würden weniger auf Methoden, sondern mehr auf die existentielle Dimension achten, die in der Depression liegt. Letzteres wünsche ich für Behandler und Patienten gleichermaßen. Damit wird so viel leichter.

Das alles ist nicht so einfach, wie es sich schreibt. Die Hölle hat viele Wohnungen und meiner Meinung nach ist Depression eine davon. Aber das schwarze Land hat Grenzen. Auch das ist wahr.

Arbeit macht krank - zumindest in Deutschland

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Serena Williams after beating Dinara Safina on...
Serena Williams after beating Dinara Safina on Roland Garos on Sunday, June 3, 2007. (Photo credit: Wikipedia)
Ex-SPD-Chef Matthias Platzeck, Schauspielerin Renée Zellweger, Fernsehkoch Tim Mälzer, Skispringer Sven Hannawald, Profifußballer Sebastian Deisler, oder  Medienwissenschaftlerin Miriam Deckel und die auf Weltrangliste auf Nummer 1 stehende Tennisspielerin Serena Williams (Bild rechts) ... sie alle haben es getan:

Sie haben eine Auszeit genommen. Ursache: ausgebrannt sein.

Macht die Arbeit krank? Mediziner sind sich weitgehend einig.

"The facts please"

41 Prozent aller Frühverrentungen in Deutschland haben ihre Ursache in psychischen Erkrankungen. Krankschreibungen wegen psychischer Belastung sind in Deutschland auf Platz zwei aller Krankschreibungen und sie sind langsam dabei, sich auf Platz eins vorzuarbeiten und damit Muskel- und Skeletterkrankungen vom "Thron" zu stoßen. So zumindest der Bericht der DAK 2012.

Und die Ursachen für diese Entwicklung sind für die Ärzteschaft klar: Sie liegen im Job. Der Stressreport 2012 liefert klare Signale. Hier ein paar Stichworte:
  • Multitasking ist die am häufigsten genannte Quelle für Belastungen (58 Prozent)
  • zudem werden 44 Prozent durch Mails, Telefonate etc. in ihrer Arbeit unterbrochen und sorgen für Konzentrationsmängel
  • starker Zeit- und Termindruck ist eine der größten Ursachen für Stress (52 Prozent)
  • 26 Prozent verzichten auf Pausen oder auf Mittag, weil diese nicht zum workflow passen oder sonst die Termine nicht gehalten werden können.
  • Die sechs-Tage-Woche ist de facto bei 64 Prozent der Deutschen regelmäßig der Fall, 38 Prozent arbeiten auch an Sonn- und Feiertagen. Rechnet man dies ein, so arbeitet rund die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten mehr als 40 Arbeitsstunden pro Woche, ungefähr ein Sechstel arbeitet sogar mehr als 48 Stunden.

Wissenschaftlich ist der Zusammenhang klar: Je mehr Wochenarbeitstunden, desto gesundheitlich risikoreicher.


Jetzt müsste man noch hinzurechnen, was alles an weiteren Belastungen dazu kommt: Schichtarbeit zum Beispiel. Oder dass 40 Prozent der Befragten sagen, sie können wegen der Arbeit nur selten oder nie Rücksicht auf familiäre oder private Interessen nehmen.
Die daraus entstehenden belasteten Beziehungen sind hier noch nicht mit einbezogen, wobei jedoch allen klar ist, dass eine beschädigte Beziehung definitiv sich nicht gesundheitsfördernd auswirkt.

Unsinnige Einstellungen

Längst nutzt es nichts mehr, mit einem Schulterzucken die Tretmühle der Globalisierung als Sachzwang oder Marktgesetz zu titulieren und einfach weiter zu machen. Dass psychische Krankheiten als Schwäche diskreditiert werden, ist ebenfalls nicht hilfreich.

Die Realität ist längst eine andere.

Sinnvolle Einsätze

Howard Gardner, Professor für für Erziehungswissenschaften, außerordentlicher Professor für Psychologie an der Harvard University plus außerordentlicher Professor für Neurologie an der Boston University School of Medicine plus Inhaber von Auszeichungen von 29 Unis und Colleges, beschäftigt sich mit dem, was gute Arbeit ausmacht. Seine 22 items sind Teil des "Good WorkProjects"


Seine drei Stichworte sind drei "E"s:
  • Exzellenz
  • Ethik
  • Engagement

Oder detaillierter zusammengefasst: Gute Arbeit gibt anspruchsvolle Aufgaben, genügend Zeit, diese zu erfüllen und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu leisten.

Wie steht es mit Ihnen? Wie sind die drei "E"s in Ihrem Berufsleben verteilt? Und vor allem: Was heißt "etwas Sinnvolles zu leisten"? Ab wann ist etwas sinnvoll und bis wann redet man sich etwas schön? Die Antwort gerne in die Kommentare

Unser Leben, unsere Träume - Erkenntnisse aus der Therapie

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"Ich träume so viel", sagt er. "Tagsüber auch, wenn ich unterwegs bin, wartend am Bahnsteig; oder dann im Zug. Abends, am Fenster. Da ist immer noch das Kind in mir, das sich die Welt erträumt. Eine Welt, in der es spielt und springt, während es die schützende Macht des Vaters anwesend spürt."


"Ich träume von einer Welt, sagt er, "in der meine Mutter mich liebevoll ins Bett bringt und mir eine Geschichte vorliest, so dass ich einschlafen kann. In der die Schatten der Nacht noch etwas Geheimnisvolles, Aufregendes sind, und auf deren dunkler Oberfläche sich nicht die Anspannung und Hektik des kommenden Tages vom Gesicht der Mutter spiegeln.

Eltern werden alt und ihre Haut winkelt sich, kräuselt um Körperstellen, an denen sie vorher straff lag. Ab und an flashen Bilder durch meinen Kopf von Vater und Mutter und einem kleinen Jungen beim Drachensteigen. Ist das mein Kinderlachen, das ich da in der fernen Erinnerung höre?

Ich wünsche mir meine Frau zurück, ihre Beine um meine Hüften geschlungen, unsere Arme umeinander. Sie küsst meine Wange, während ihre glatte Haut wie Seide meine Sinne liebkost. Wieviel liegt in solchen Momenten, in denen wir uns zusammenhalten auf unserer Reise?

All diese Dinge sind nicht mehr. Sie sind nicht mehr hier. Sie sind auch nicht anderswo. Doch irgendwie auch nicht fort.

Mit meiner Großmutter reden - manchmal wünsche ich mir das. Ihr Gesicht verblasst zunehmend. Ihre letzten Jahre waren nicht wirklich eine Beziehung. Ihr Geist war längst nicht mehr hier, während  ihr Körper sich noch hielt. Ein kleiner Körper, grauweiße Haare mit abgearbeitetem Gesicht.

Inzwischen kommen bei mir die weißen Haare. Und Tränensäcke. Es ist wohl das letzte Viertel meines Lebens. Danach kommen die Schatten wieder.

Ich erinnere mich an stundenlanges Spielen mit Freunden im Wald nahe unseres Hauses. Ich erinnere mich an die Wochenendausflüge mit meinen Eltern, als wir stundenlang Lieder im Auto sangen. An meinen Übertritt auf eine höhere Schule. Ich war so verdammt aufgeregt, alleine in den richtigen Bus zu steigen und quer durch die halbe Stadt zu fahren.

Als ich krank war, kümmerte sich meine Mutter um mich. Als ich mir das Knie aufschlug, klebte sie ein Pflaster darauf.
Bald wird auch Mutter gehen. Ich lasse Blumen auf ihrem Grab.

Vielleicht gibt es in Zukunft noch jemand, dessen Augen anfangen zu leuchten, wenn sie mich sieht. Vielleicht spüre ich noch einmal das Glück, ihre Haare an meine Wange zu spüren, und ihr Kitzeln an meiner Nase, bevor ich einschlafe.
Vielleicht.
Vielleicht kann ich am Ende sagen, dass es gut war und es mir nicht nur einreden dabei.

Aber noch möchte ich eine Hand halten und genau das sagen, dass alles gut wird, auch wenn ich es selber nicht mehr glaube. Noch möchte ich deine Anwesenheit genießen, auch wenn es mich dann wieder entzwei reisst, wenn du gehst. Ich möchte dich lieben und mit dir zusammen bleiben. Aber du wirst gehen müssen. So wie ich."



Der Anwesenheitswahn im Büro: burnout-Ideologie statt Menschenverstand

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Burnout Risiko senken
Burnout Risiko senken (Photo credit: Tanja FÖHR)

Vielleicht gibt es "burnout" wirklich nicht, wie so manche Psychoanalytiker behaupten . Vielleicht ist es nur Schwäche, wie Büroleute es oft proklamieren. Vielleicht aber ist burnout nur eine Chiffre für etwas anderes.

Liest man nämlich eine Umfrage neueren Datums, wird es  für eine Berufsgruppe vermutlich so peinlich, dass man lieber für die Existenz von "burnout" als Krankheit eintritt. Hier die Tatsachen:



Die Umfrageergebnisse:

  • Ungefähr jeder dritte Chef will seine Mitarbeiter auch bei einer ernsten Erkrankung nicht nach Hause schicken.
  • 17 Prozent glauben nach einer gemeinsamen Umfrage der Personalberatung LAB & Company und der Hochschule Coburg unter knapp 400 Führungsverantwortlichen, dass man sich von häufig kranken Mitarbeitern trennen sollte.
  • Und knapp jeder zehnte Angestellte mit Führungsaufgaben hält ein individuelles Prämiensystem bei wenigen Krankheitstagen für ein geeignetes Steuerungsinstrument.

    Dabei klang die Ausgangfrage noch sehr harmlos

      „Sie sitzen mit Ihrem Team an einem dringenden Projekt. Ein Mitarbeiter erscheint mit einer fiebrigen Erkältung zur Arbeit. Was tun Sie?“


      Ungefähr zwei Drittel würden sich entscheiden, den Mitarbeiter nach Hause zu schicken. Begründung: Er soll erstens das Team nicht anstecken und zweitens sich auskurieren (das ist eine richtige Entscheidung).

      26 Prozent würden versuchen, für den Kranken, Heimarbeit zu organisieren (das eine falsche Entscheidung, warum, das wird aus dem unten Stehenden ersichtlich).

      Fragt man Manager, so machen diese bei ihrer eigenen Person allerdings keine Ausnahme: 58 Prozent gaben an, auch mit einer mittelschweren Erkältung zur Arbeit zu gehen, 29 Prozent wollen zu Hause arbeiten (gleich drei falsche Entscheidungen, vier, wenn man berücksichtigt, dass man Rgeln für andere aufstellt, sich selber davon aber ausnimmt).


      Karrierekriterium Arbeitszeit

      Als Zeichen, dass jemand etwas leistet, gilt in Deutschland noch immer, wie lange er am Arbeitsplatz anwesend ist. Selbst wenn es gegen die eigene Gesundheit geht. Immerhin sind 63 Prozent der Manager der Meinung, in ihrem Unternehmenwerden steigen die Führungskräfte bevorzugt auf, die mit besonders langen Arbeitszeiten glänzen können.


      Am Ende steht folgendes:


      Die eigene Gesundheit und die der Mitarbeiter ist in Deutschland kein betrieblich wertvolles Gut, mit dem es sparsam zu wirtschaften gilt.


      Fragt man die Führungskräfte nach Möglichkeiten, die Kosten, die kranke Mitarbeiter verursachen, zu senken, dann erwähnten
      • 81 Prozent ein systematisches Gesundheitsmanagementsystem 
      • 72 Prozent eine Verbesserung des Betriebsklimas 
      • 17 Prozent eine Trennung von häufig kranken Mitarbeitern. 
      • neun Prozent eine individuelle Prämien bei wenigen Krankheitstagen

      Der Deutsche lebt, um zu arbeiten

      Was in Deutschland noch immer sehr gut verstanden wird, sind Sätze, wie:
      • erst die Arbeit, dann das Vergnügen
      • Arbeit macht das Leben süß
      • Arbeit ist das halbe Leben
      • Arbeit macht Brot, Faulenzen Hungersnot 

      Weitere Beispiele lassen sich anfügen. Man kommt nicht drum herum, festzustellen, dass ein "dolce far niente" in Deutschland kein gern gesehener Gast ist.
      Doch wer Arbeit über die Gesundheit stellt, der darf sich nicht wundern, wenn Letztere Schaden davon trägt.

      Die Folgen

      Unser Organismus ist darauf angelegt, zwischen Anspannung und Entspannung zu pendeln. Er ist nicht gemacht für chronische belastende oder entlastende Dauerzustände.
      Rund um die Uhr erreichbar zu sein, schadet ebenso, wie rund um die Uhr faulenzen.

      Leider hat die deutsche Gesellschaft ersteres als Tugend gewertet, Letzteres als moralisch verwerflich.
      In diesem Sinne ist "burnout" keine Krankheit, sondern ein Arbeitsergebnis. Und nicht nur das: Burnout ist eine gesundheitliche Konsequenz einer Werteentscheidung.


      Burnout ist das Resultat einer bestimmten Ethik.



      Was jeder Mensch unbedingt können muss

      Ethik und Moral können helfen, gut durchs Leben zu kommen. Sie können aber ebenfalls sich schädigend auswirken. Was deshalb Not tut, ist weniger das Befolgen von Moral. Was wir brauchen ist die Fähigkeit zur Reflexivität.

      Sich selber reflektieren zu können und natürlich die Überzeugung, dass so etwas sinnvoll und notwendig ist, ist die einzige Möglichkeit, eingreifen zu können. Wer sich selber nicht reflektieren kann, der hat keine Chance, der Mensch zu werden, der er sein will. Am Ende stehen Enttäuschung, Frust und Verbitterung.

      Burnout ist die Erfahrung, mit Volldampf im Leerlauf gearbeitet und gelebt zu haben. Ein sinnloses Unterfangen. Kein Wunder, dass so etwas krank macht. Nachdenken über sich selbst und über das, was man tut, ist die Voraussetzung, dass wir erkennen können, ob wir in einem Hamsterrad sitzen oder nicht. Nur dann können wir entscheiden, welchen Wert wir unserem Leben, unserer Gesundheit beimessen.

      Der Philosoph Sokrates im antiken Griechenland hat es einmal auf den Punkt gebracht:

      Ein nicht reflektiertes Leben ist nicht wert, gelebt zu werden.




      Das schwarze Land - eine Kartographie der Depression

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      Die Tochter hatte die Diagnose Depression. Als sie trotz aller Bemühungen nicht mehr aus dem Bett kam, fauchte ihre Mutter sie an:

      "Wenn du jetzt nicht sofort aufstehst, dann schlag ich dich so her, dass du wirklich einen Grund hast, liegen zu bleiben."

      Depression ist so weit verbreitet, aber die wenigsten wissen etwas darüber. Und entsprechend falsch verhalten sie sich. Deshalb hier in Kurzform die wichtigsten Elemente zur Info für alle, die nicht (mehr) genau wissen, mit was sie es zu tun bekommen.

      Wie es sich zeigt

      Genau so, wie es genial in der Comicverfilmung "The Watchmen" beschrieben wird:


      Depression heißt einfach nur "das schwarze Land". 

      Man vermisst nicht mal die Hoffnung, denn was soll man vermissen, was es nie gegeben hat? Das Gefühl dafür ist weg. Jedes Gefühl dafür ist weg. Stellen Sie sich vor, Sie nicht nicht mehr in der Lage, Freude zu empfinden, selbst bei den Dingen nicht, die sonst immer mit Freude verbunden waren.
      Es ist dabei nicht so, dass diese Dinge jetzt keinen Spass mehr machen, sondern dass die Fähigkeit, Spass zu empfinden, nicht mehr existiert.

      Ein Klientin berichtet einmal mit Schaudern, dass sie in den schweren Phasen nicht einmal mehr ihre Kinder lieben konnte.
      Können Sie das ohne Zweifel nachvollziehen? Wenn ja, dann sind Sie im Verständnis schon weiter als der Durchschnitt!

      Um ein Bild zu gebrauchen: 

      Würde man das auf einen Restaurantbesitzer und sein Lokal übertragen, hieße
      Depression nicht, dass das Essen schlecht wäre, sondern dass im Restaurant es gar kein Essen zu bestellen gäbe. Ein Restaurant ohne Essen - das ist kein Restaurant mehr, sondern eine Pleite. Genau so ist es beim Menschen, wenn in ihm die Fähigkeit zur Freude verschwindet. So wie das Restaurant vom Markt verschwindet, ist auch der Betroffene gefährdet.

      Wie das ausgehen kann, lesen Sie weiter unten.

      Weitere Hauptsymptome

      Tiefe plus andauernde Niedergeschlagenheit kommt dazu. Der eigene Antrieb fährt so steil nach unten, dass zuweilen schon ein Aus-dem-Bett-kommen ein ungeheurer Kraftakt ist.
      Gleichzeitig zeigt sich eine innere Unruhe, ein innerer Drang, jetzt loszulegen und das zu tun, was gemacht werden muss, denn es ist dringend.

      Was aber sofort konterkariert wird mit der erwähnten Antriebshemmung. Es ist, wie wenn jemand beim Autofahren aufs Gaspedal steigt und gleichzeitig mit aller Kraft auf die Bremse tritt.

      Schäden und radikaler Verschleiß sind die Folge.
       
      Dinge, die vorher wichtig und interessant waren, lösen keinen Reiz mehr aus. Das Desintersesse weitet sich aus, die Welt wird grau und dumpf. Der Teufelkreis schließt sich.

      Dazu kommen Nebenerscheinungen

      • Angstzustände, 
      • Konzentrationsschwäche, 
      • Gedächtnisstörungen, 
      • Appetitlosigkeit und Gewichtsveränderungen,
      • Schlafstörungen, morgendliches Früherwachen. 
      Schuldgefühle sind ebenso ein häufiger Begleiter. Genau so wie sexuelle Unlust. Beim Mann können Erektionsstörungen auftreten.

      Diese Nebenerscheinungen sind oft das, was die Umgebung zuweilen mehr nervt als die Hauptsymptome. In ihren Augen "funktionieren" die Betroffenen nicht mehr richtig und wenn es richtig dumm läuft, dann erkennen die Umstehenden nicht, dass es sich beim Betroffenen nicht um eine Boykotteinstellung oder gar Faulheit handelt.

      Nüchtern mit dem Auge des Diagnostikers betrachtet ist das alles schwer für den Betroffenen, von der Klassifizierung her aber noch nicht das Ende der Fahnenstange. In besonders schweren Fällen stellen sich nämlich auch Wahnvorstellungen oder andere psychotische Phänomäne ein.

      Wie es ausgeht

      Das Risiko in Deutschland, an einer Depression zu erkranken, liegt zwischen 16 und 20 Prozent. Weltweit leidet jeder Siebte unter Depression, insgesamt mehr Frauen als Männer. In Deutschland sind es 8,3 Prozent der Bevölkerung, also eine Stadt, etwas größer als Berlin. Dazu kommen noch 4,4 Prozent, die an Dysthemien leiden, eine weniger stark, dafür aber chronische Form der Depression mit einer Minnimaldauer von zwei Jahren. Vier Prozent aller Krankschreibungen 2008 in Deutschland waren einer Depression geschuldet.

      Jedes Jahr nehmen sich rund 10 000 Menschen das Leben, jeder zehnte Suizid ist eine Folge der Depression. Es sterben mehr Männer als Frauen.

      Was man tun kann

      Depression in ihrer vielfältigen Form ist gut erforscht und sie ist behandelbar. In dem Sinne, dass Symptom und Rückfallwahrscheinlichkeit sich reduzieren.

      Ein Weg sind Medikamente. 

      Sie sind wissenschaftlich gut überprüft, wirken relativ schnell (nach zwei bis vier Wochen), sind in sich sehr differenziert und sie einzunehmen braucht nicht sonderlich viel Zeit.
      Ihre Nachteile:
      1. Wie bei allen Medikamenten können Nebenwirkungen auftreten.
      2. Braucht es für die Heilung auch eine Veränderung des bisherigen Lebensstils, sind Medikamente wirkungslos.

      Die zweite Schiene ist Psychotherapie, also die Heilung von psychischen Problemen mit psychischen Mitteln.

      Vorteil: Keine Chemie. Zum anderen ist Psychotherapie wissenschaftlich gut belegt, kann individuell angepasst werden und bringt emotionale Entlastung in vielen Punkten und ist dabei nachhaltiger als Medikamente.
      Nachteil: Es braucht Zeit und Geduld. Natürlich gibt es Verfahren, die wirken schneller als andere, aber über Nacht passiert gar nichts.

      Die gute Nachricht am Schluss

      Depression hat eine sehr vielfältige Erscheinung. Das schwarze Land ist groß. Es ist gut kartographiert und meist gibt es einen Weg dort hinaus. Viele finden ihn selbst. Für andere ist es ein mehr oder minder langer Kampf. Und es ist anstrengend. Jeden Tag neu.

      Aber: Es entscheidet nicht, wieviel Kraft man hat. Oft ist entscheidender wie hartnäckig man ist.

      Vorbild sein - ein bürgerlicher und schädlicher Gedanke

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      English: Cyclist Lance Armstrong at the 2008 T...
      English: Cyclist Lance Armstrong at the 2008 Tour de Gruene Individual Time Trial, 1 November 2008 (Photo credit: Wikipedia)
      Ein neues Buch über Lance Armstrong ist da - und zeigt angeblich, wie der Charakter des siebenmaligen Tour de France-Siegers wirklich war. Die Zeit betitelte ihre Besprechung mit dem Titel "Was für ein Arsch!"

      Armstrong war ein Idol und nirgendwo sonst ist die Fallhöhe größer. Es mag sein, dass Armstrong so ist, wie diese Biographie ihn zeigt. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Das eigentliche Problem aber ist nicht, dass Armstrong so ist, wie er ist. Das eigentliche Problem ... das sind ...


      WIR! Besser gesagt, unser Wunsch nach Helden.

      Echte Helden gibt´s im Kino: The Avengers, Spiderman, Zorro ... sie prägten die Kindheit vieler und mit den aktuellen Kinofilmen tun sie es wieder. Irgendwie legen wir jedoch den Glauben nicht ab, es gäbe so etwas Ähnlich in Echt. Wir nennen so etwas dann: Idole.
      Lance Armstrong galt als ein solches.


      Lance Armstrong in the prologue of the Tour de...
      Lance Armstrong in the prologue of the Tour de France in July 2004 in Liege, Belgium (Photo credit: Wikipedia)
      Inzwischen findet man im Internet unter Lance Armstrong überwiegend eines: Meldung über Lügen und über Betrug. Zuerst hochjubeln, dann betonen andere (Moderatoren, Prediger, Sinnerzähler), dass so jemand ein Vorbild sei (besonders für die Jugend), er wird als Leistunsträger tituliert, bei Veranstaltungen, sponsoren, Wirtschaftstreffen herumgereicht
      ... und dann ...

      Picture of Karl-Theodor Freiherr von und zu Gu...
      Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (Photo credit: Wikipedia)
      Ähnliches fand bei Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von Guttenberg statt. Auch er war Objekt eines Hypes. Natürlich auch bewusst in Szene gesetzt. War bei Armstrong ja auch so.

      Und bei beiden war gemeinsam: Nach den tatsächlichen Leistungen fragte niemand in der Öffentlichkeit so richtig nach. Niemand wollte groß sich das Bild vom engagierten, sozial eingestellten Leistungsmenschen stören lassen. Das Strahlen eines Sterns ist doch immer so schön. Dann folgte der Fall und Hohn und Spott.


      Die Liste der Beispiele kann man verlängern.

      Ich erinnere mich an einen Fernsehclip aus irgend einer Sitzung, in der Schäuble damals in die Runde brüllte, niemand in der EU sei so geachtet wie Helmut Kohl. Und er deutete mit großer Geste vor der Kamera auf den Angesprochenen. Doch heute ist der Kanzler der Einheit (für die er eigentlich ja nichts konnte, sie ist ihm eher zugefallen, wie man heute weiß) verbunden mit dem Stichwort "Schwarzgeldaffäre" und dass ein Ehrenwort über Recht und Gesetz steht und man damit durchkommt, wenn man Kohl heißt. Sein letzter öffentlicher Auftritt erzeugte in der Presse irgend etwas zwischen Mitleid und Befremden.

      Jürgen Schremp, Manager und Stern bei Daimler, mit dem Ruf eines harten Hundes hinsischtlich seiner Wahl der Managementmethoden, schuf statt seiner Vision einer Welt AG einen ökonomischen Verbrennungsofen für Geldscheine. Kein Mensch redet mehr von ihm und seiner Vision. Alles zurück in den Bereich des Unbedeutenden.

      Solche Beispiele gibt es viele: Aufsteiger, die letztendlich wie Ikarus vom Himmel stürzen. Manchen gelingt ein comeback, andere hangeln sich weiter in gut dotierten Posten bis zur Pension und so lange niemand sie einem wirklichen Leistungstest unterzieht, geht das.

      Was Elite wirklich ist

      Elite kommt nur durch zwei Mechanismen zustande:
      • Entweder definiert sie sich selbst als eine solche, 
      • oder der Betroffene steht mit etwas in Verbindung, das als Elite gilt und das färbt auf ihn ab, so dass die anderen ihn ebenfalls als zur Elite zugehörig sehen.

      Woran misst sich "Elite"?

      Elite aufgrund von Leistung ist eher selten, denn nach welchen objektiven Maßstab soll man das messen? Die Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) gehört zum Beispiel zu den Eliteunis, sagt man. Im ranking liegt sie bei technischen Fächern in Führung.

      Aber wenn man in bestimmten Fächern herausragend ist, heißt das denn automatisch, dass man schon zur Elite gehört? Es heißt doch nur, dass man in bestimmten Fächer tolle Leistungen bringt. Gehört ein Schüler, der in Latein und Mathe gut ist, zur Elite der Klasse? Was ist mit dem, der in Sport und Bio klasse ist? Gehört der zu einer anderen Elite? Wie viele Eliten kann man denn dann in einer Klasse finden?
      Gehört das pädagogische Geschickt der Profs an der RWTH auch zum Elite-Ranking? Oder die Verwaltungsgeschäfte an der Uni? Oder wie die Lehrstuhlinhaber mit ihren Personal umgehen? Was gehört alles dazu, dass eine gesamte Uni zur Elite gehören soll?

      Man merkt schnell: Der Elitebegriff ist eigentlich unbrauchbar, weil er so gummiartig ist. Man kann alles und gar nichts darunter packen. In Wirklichkeit existiert "Elite" nicht, es ist nur ein Etikett, das andere anderen aufkleben. Es gibt nur Menschen, die in bestimmten Dingen gut sind, und gut ist jeder in etwas.
      Elite ist etwas rein in Menschen hinein Projiziertes, sonst gar nichts.


      It´s a "Mind fucking thing!"

      Wie tief wir fallen, bestimmen allein wir, indem wir festlegen, wie hoch wir geklettert sind. Es sind unsere menschliche Einteilungskriterien in hoch oder unten, erfolgreich - nicht erfolgreich, wertvoll oder unwert, Vorbild oder Abschreckung, die die Lebensläufe oder Menschen in Klassen einteilen. Und genau damit beginnt das Problem. Wir sehen keine Menschen, wir sehen Etiketten. Wir sehen unsere eigenen Denkmechanismen, sonst nichts.

      "Was machen Sie denn so beruflich?"

      Hinter dieser small talk - Frage steckt nicht nur der Wunsch nach Info, meist kleben wir der Antwort eben noch ein Etikett drauf. Es macht einen Unterschied, ab die Antwort "Gehirnchirurg", "Astronaut" oder "Müllmann" lautet. Machen wir uns nichts vor. Es ist so.

      Was Etiketten leisten

      Etiketten bestimmen unser Denken und sie haben dadurch eine Position, die ihnen nicht zukommt. Etiketten geben Bestätigung, und zwar bestätigen sie immer die eigene Weltsicht. Wenn 11 Fussballspieler die WM gewinnen, dann sind WIR Weltmeister. (Dabei war ich doch nur beim public viewing und mein Beitrag zur WM waren ein paar Biere und das Anfeuern eines Bildschirms.)


      Auf die Spitze trieb es einmal die Bildzeitung: Als Ratzinger Papst wurde, waren WIR auf einmal Papst.



      Es geht anscheinend immer nur ums Ansehen, um den Wunsch nach Ehrerbietung, Beachtung ... als ob die Tatsache, einfach Mensch zu sein, nicht genügt. Das Grundgesetz spricht von der Würde des Menschen, aber wir wollen lieber Status.

      Aufstieg und Fall ....das ist keine natürliche Gesetzgebung. Es ist unser Spiel. Nichts weiter. Vorbilder zu haben, hat nur begrenzt gute Effekte haben. In der Regel vergessen wir, dass ein "Vorbild" nur in unserer Einbildung existiert und dann ist das "Vorbild" immer schädlich. Für jeden.
      Wir brauchen keine Vorbilder. Damit sterben wir nur als Kopie. Fangen wir an, unser eigenes Leben zu leben.

      Lance Armstrong jedenfalls hat sich zurückgezogen. Seine Internetseite besteht nur mehr aus einer einzigen Seite mit ein paar links.

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      Religion ist bloß was für Dumme? Eine neue Metastudie klopft ab

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      intelligence
      intelligence (Photo credit: arvindgrover)
      Es gibt Untersuchungen, die einen negativen Zusammenhang zwischen Intelligenz und religiösem Glauben aufwiesen, das heißt:
      je intelligenter ein Mensch, desto weniger religiös ist er.

      Miron Zuckerman und Jordan Silberman, Psychologen der Universität von Rochester, sind der Sache noch einmal genauer nachgegangen. Sie haben zusammen mit Judith Hall von der Northeastern University eine Metastudie publiziertAn ihr zeigt sich, was differenziertes Denken bedeutet. 

      Gleich vorneweg: Für diesen post brauchen Sie etwas Ruhe. (deshalb publiziere ich ihn an einem Feiertag) Es wird ein bisschen wissenschaftlich. Holen Sie sich einfach vor dem Lesen eine schöne Tasse Tee, machen Sie es sich gemütlich und lesen los.

      Die Studie

      Diese Metastudie ist die erste Studie ihrer Art, die 63 Länderstudien zwischen 1928 und 2012 umfasst. 53 von den 63 Studien wiesen dabei eine negative Beziehung zwischen Intelligenz und Religion nach. Also: je intelligenter, desto weniger religiös sind Menschen. Dieses Ergebnis wurde nun eine Prüfung unterzogen.

      Der Ausgangspunkt

      Zugrunde gelegt hat die Metastudie eine Definition von Intelligenz als "Fähigkeit zu"

      • begründen, planen, Problem lösen, 
      • abstraktem Denken, 
      • komplexe Gedanken nachvollziehen zu können, 
      • schnell zu lernen 
      • aus Erfahrung zu lernen.

      Es geht also ausschließlich um analytische Intellgenz, soziale, emotionale oder kreative Intelligenz ist außen vor.



      Religiosität wurde definiert als Engagement in religiösen Elementen, wie

      • Glaube an ein Übernatürliches, 
      • dem Übernatürlichen Gaben darbringen, 
      • der Vollzug von Ritualen zur Bestärkung des Glaubens. 
      • Andere Studien fügten noch Teilnahme an Gottesdiensten oder Mitgliedschaften in religiösen Organisationen hinzu. Gender oder Erziehung, so die Autoren der Metastudie, spiele hingegen keine Rolle.

      Ein paar Einblicke

      Geht man in die Details, so stellt sich heraus, dass die Aussage "je intelligenter, desto weniger religiös", bei den Probanden am wenigsten auf die Zeit vor dem College zutraf. Das leuchtet ein, denn die Betroffene lebten in dieser Lebensphase fast ausnahmslos in ihrer Familie und leben damit die dort existierende Religiosität der Eltern entsprechend mit. Erst mit dem Eintritt ins Collage beginnt die Zeit der Unabhängigkeit und das unabhängigere Ausprobieren von neuen Ideen.

      Zwei Langzeitstudien ...


      ... versuchen eine Antwort auf die Frage: Ist es möglich, dass eine höhere Intelligenz zu weniger Religiosität führt?
      Die erste stammt von Lewis Terman von 1921 an der Stanford Universität. Sie umfasst 1500 Kinder mit einem IQ über 135 im Alter von 10 Jahren. Zwei Studien benutzen diese Daten, eine von Robin Sears von der Columbia Universität 1995 und eine von Michael McCullough von der Universität von Miami 2005. Ihr Ergebnis: Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung waren Hochintelligente weniger religiös.


      Was bemerkenswert ist, ist nicht, dass Hochintelligente weniger religiös sind, das findet sich auch anderswo. Sondern dass 60 Prozent der Probanden eine sehr strenge oder umfangreiche religiöse Erziehung genossen hatten, 33 Prozent dagegen nicht. Unabhängig also vom Erziehungsstil waren Hochintelligente weniger religiös.

      Die zweite Gruppe der Studien ... 

      ... basiert auf Absolventen des New York Hunter Collega Elementary School, eine Schule für Hochbegabte. Die Studie untersuchte sie zwischen 38 und 50 Jahre. Alle besaßen einen IQ über 140 und man fand heraus, dass nur 16 Prozent religiös waren.


      Gleichwohl Faktoren wie sozioökonomischer Statur oder Beruf nicht mit einbezogen wurden, so ergab es doch einen Zusammenhang zwischen Hochintelligenz in jungen Jahren und eine nicht so enge Beziehung zur Religion Jahre später.

      Andere Studien waren nicht so eindeutig. 

      2009 verglich Richard Lynn von der Universität von Ulster religiösen Glaubende mit dem Durchschnitts-IQ von 137 Ländern. Insgesamt wiesen nur 23 Länder mehr als 20 Prozent Atheisten auf, alles Länder mit höheren Durchschnitt-IQ, so Lynn. Die positive Verbindung zwischen Intelligenz und Atheismus war für ihn deutlich, jedoch bekam die Studie starken Gegenwind von Gordon Lynch vom Birkbeck College, da sie weder soziale, noch ökonomische noch historische Faktoren berücksichtigte.

      Jetzt die Wertung durch die Metatudie

      Nach Zuckerman, Silberman und Hall gibt es nach ihrer Metaanalyse wenig Zweifel, dass es einen negativen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Religion gibt. Zum Beispiel schnitten religiösere Menschen bei verschiedenen Intelligenztests schlechter ab.

      Rückte man religiöse Glaubensvorstellungen gegenüber religiös-ethischen Verhalten ins Blickfeld, so schien sich der negative Zusammenhang noch zu verstärken. Vielleicht deswegen, weil aus Religion motiviertes Verhalten, jemanden zu helfen, die Akteure dazu verleitet, einander als Teil ein und der selben Gruppe zu sehen, selbst wenn der Hilfsbedürftige nicht gläubig war.

      Mögliche Erklärungen der Ergebnisse

      Welche Erklärung könnte es geben, dass Intelligentere weniger religiös erscheinen? Drei mögliche Gründe:


      Möglicherweise sind intelligentere Menschen weniger konformistisch und neigen deshalb dazu, religiöse Dogmen nicht anzunehmen. 1992 zeigt eine Metaanalyse von sieben Studien, dass intelligente Menschen eher dazu neigen, atheistisch zu sein, wenn sie in religiösen Gesellschaften leben, da intelligente Leute zum Nonkonformismus neigen.

      Die verbreitetste Erklärung lautet, dass Intelligente keine Glaubensaussage akzeptieren wollen, die nicht mit empirischen oder logischen Gründen untermauert werden könne. Zuckerman schreibt, dass Intelligente mehr analytisch denken, also eher "kontrolliert, systematisch und langsam" anstatt intuitiv, heuristisch, unbewusst und schnell. Entsprechend führe analytisches Denken zu weniger Religiosität.
      Die letzte Erklärung nennt als Grund, dass Intelligenz ihrem Träger genau das vermittelt, was die Religion sonst für den Gläubigen tut. Zuckerman, Silberman und Hall nennen vier Funktionen.

      Diese vier Funktionen sind:

      1. Religion verspricht ein Gefühl der Kontrolle. Studien zwischen 2008 und 2010 belegen dies. Es spricht vieles dafür, dass der Glaube, Gott habe die Welt geschaffen, diese mehr vorhersehbar und weniger erschreckend werden lässt. Ebenso gibt es einen Zusammenhang zwischen höherer Intelligenz und dem Gefühl von größerer Selbsteffizienz (die Überzeugung, dass man mit seinen Fähigkeiten, die eigenen Ziele realisieren zu können.) Also wenn intelligente Menschen mehr Kontrolle empfinden, dann brauchen sie die Religion nicht zum Sicherheitsgefühl.
      2. Religion verspricht Selbstkontrolle. 2009 meint eine Studie, dass es bei Religion auch darum geht, ein guter Mensch zu sein. Dies schlossen die Forscher daraus, dass Religiöse in puncto Zielverfolgung und Belohnungsaufschub disziplinierter waren als andere. Unabhängig davon kam 2008 eine Metastudie zum Ergebnis, dass intelligente Menschen weniger impulsiv seien als andere. Belohnungsaufschub scheint nämlich ein besseres Arbeitsgedächtnis zu verlangen, eine Fähigkeit, die Intelligente aufweisen. Auch hier würde Intelligenz als Religionsersatz wirken. Es gibt alturistisches Verhalten und Belohnungsaufschub ohne göttliche Motivation
      3. Religion verspricht Selbstwerterhöhung. 1997 verlgich eine Metaanalyse intrinsisch religiös Motivierte, die privat an ein Übernatürliches glaubten mit extrinsisch religiöse Menschen, die Teil einer religiösen Gruppe waren ohne an Gott zu glauben. Die intrinsisch-Religiösen wiesen ein höheres Selbstwertgefühl auf als der Durchschnitt. Ebenso besteht ein Zusammenhang zwischen Intelligenz und höherem Selbstwertgefühl. Also leistet Intelligenz etwas, was auch Religion verspricht.
      4. Religion verspricht Bindung. Religiöse Menschen geben oft an, eine persönliche Beziehung mit Gott zu haben. Sie benutzen Gott als Anker, wenn ihnen Kummer und Leid widerfahren. Intelligente Menschen neigen dazu, in der Pflege persönlicher Beziehungen ihren Halt zu sehen. Studien ergaben, dass Intelligentere mehr dazu neigen, zu heiraten und weniger von Scheidungsfällen betroffen sind. Von daher gesehen hätte intelligente Menschen weniger Bedarf, Religion als Beziehungsersatz anzunehmen.


      Ein paar Anmerkungen dazu

      Dass Religionen auch Funktionen erfüllt, die mit ihr selbst nichts zu tun haben und diese auch von anderen übernommen werden können, ist unstrittig. Für eine Religion würde es dann kritisch, wenn sie nichts Eigenständiges aufzuweisen hätte.

      Und nun zur Metastudie

      Die  Metastudie fußt auf analytischer Intelligenz, was natürlich nicht dem entspricht, was man heute insgesamt darunter versteht. Auch wenn sie einen großen Zeitraum zwischen 1928 und 2012 umfasst, so nimmt sie nur englischsprachige Untersuchungen als Ausgangspunkt (inklusive zwei ausländische, die jedoch in englischer Übersetzung vorlagen). Die Verfasser sprechen von ähnlichen Studien für den japanischen und lateinamerikanischen Raum, jedoch wurden diese aus Zeitgründen nicht mit einbezogen.

      Zuckerman führt ebenso an, dass es sich bei den Probanden ausschließlich um Menschen aus westlichen Gesellschaften handle, darunter 87 Prozent aus US, UK und Kanada. Entsprechend gälte der negative Zusammenhang zwischen Intelligenz und Religiosität überwiegend für amerikanische Protestanten. Für Katholiken oder Juden oder anderen Religionen mag es anders aussehen.

      Doch auch hinsichtlich der Erklärungen gibt es Probleme 

      So trifft die Nonkonformismus-Theorie nicht auf Gesellschaften zu, die in der überwiegenden Mehrheit atheistisch sind, wie zum Beispiel die skandinavischen Länder. Die möglichen Erklärungen sind also genau das: mögliche Erklärungen. Sie müssen erst empirisch überprüft werden.

      Letztendlich sind auch all die verwendeten Studien nicht von der selben Qualität

      Einige davon sind bereits von anderen Forschern kritisiert worden. Doch genau deswegen sind Metaanalysen da. Sie überschreiten die bislang existierende Limitierungen und fragen genauer nach.

      Das Wort "Zusammenhang" spielt noch eine extra Rolle. 

      Denn insgesamt wurde nicht nachgewiesen, dass höhere Intelligenz irgendwie geringere Religiösität verursacht. Jemanden aufgrund seines religiösen Glaubens entsprechend "einen Schwachkopf nennen zu können", geben die Studien nicht her. Manche missionarischen Atheisten tun dies trotzdem. Ihnen kann erwidert werden, dass dies nicht weiter ist als Provokation. Sie taugt für Talkshows, nicht für eine echte Argumentation.



      Enhanced by Zemanta

      Die Tragödie am Djatlow-Pass und was uns das über unser Gehirn sagt

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      Blick auf ein Zelt der Bergsteigergruppe,
      wie es die Rettungskräfte 1959 vorfanden.(Foto: Wikipedia
      Vor 55 Jahren kamen neun Mitglieder einer Expedition im Ural auf mysteriöse Weise ums Leben. Der Zehnte überlebte nur, weil er vorher umdrehte.

      "Wenn ich Gott eine einzige Frage stellen könnte, dann diese: Was ist mit meinen Freunden passiert?", sagte Juri Jüdin, solange er lebte. Falls er mehr gewusst hatte, als er verlauten ließ, so nahm er sein Wissen inzwischen mit ins Grab.

      Die mysteriöse Tragödie und ihre Folgen sagen einiges über unser Denken aus.





      Ihr Zelt wurde von innen aufgeschlitzt. Die neun Leute hatten ihr Lager anscheinend in Panik verlassen, zum Teil barfuss und in Schlafkleidung. Hier auf dem Berg bei 30 Grad minus kommt der Tod schnell. Zwei Fragen bleiben:

      Was hat erfahrende Tourengeher so erschreckt, dass sie nachts in Panik den Schutz des Zeltes verließen? Welcher erfahrene Berggeher, wie diese, schlitzt dabei sein Zelt auf? Das kommt bei einer solchen Expedition einem Selbstmord nahe.
      Und zweitens: Ein paar Leichen wiesen so brutale Verletzungen auf, dass ein Arzt formulierte, dass diese nicht von Menschenhand erzeugt werden konnten, weil die Kraft der Stöße zu stark war und keine Weichteile verletzt wurden?

      Genügend Grund für Spekulationen, Verschwörungstheorien und Phantasiegebilde. Die Bandbreite reicht von geheimen Armeeversuche bis neuerdings hin zu einem Yetiangriff.


      Was sagt uns das über unser Erkenntnisvermögen?

      Am Anfang steht die Theorie. Wenn immer uns etwas begegnet, das wir nicht verstehen, suchen wir nach Erklärungen. De facto sind das erstmal nichts weiter als Vermutungen. Als Zweites halten wir Ausschau, ob etwas von dem, was uns begegnet ist, das zu irgend einer dieser Vermutungen passt.

      Und jetzt kommt der Teufelsfuss!

      Die Vermutungen, die wir anstellen, sind uns nicht alle gleich lieb. Für einige haben wir eine größere Affinität als für andere. Und das bringt unterschwellig uns dazu, unsere Aufmerksamkeit entsprechend zu fokussieren.

      Das Foto auf einem Höhenpfad auf der
      Nepalesisch-Tibetanischen Wasserscheide
      während der 1951er Everest Expedition
      Wenn wir also an Yetis glauben, werden wir die Dinge in diese Richtung interpretieren. Wir werden nach Fussabdrücken suchen und Wetteranormalieren weniger Bedeutung beimessen. Und an den Fußabdrücken werden wir das hervorheben, was gegen ihre Interpretation als Bärenspur spricht. Die Gemeinsamkeiten zu einer Bärenfährte werden wir anders interpretieren oder als weniger wichtig einstufen.

      Mit anderen Worten: Unsere Rationalität folgt einer bereit (unterschwellig) getroffenen Entscheidung.

      Interesse ist immer gepaart mit Attraktivität. 

      Nessie replica in Scotland. Česky: Lochneská n...
      Nessie replica in Scotland. Česky: Lochneská nestvůra v Museum of Nessie (Photo credit: Wikipedia)
      Wir interessieren uns für etwas, weil es in irgend einer Form attraktiv für uns ist, oder wir interessieren uns, um von etwas wegzukommen, weil es unattraktiv ist. Das bedeutet, dass unsere Rationalität Maßstäben folgt, die selbst nicht rein rational sind. Egal, ob es sich um den Yeti, Nessie, unseren Lebensgefährten oder um eine berufliche Entscheidung handelt.


      Emotionale Bewertungen sind unabtrennbarer Teil unserer Vernunft und ihr gegenüber führend.

      Wie kommen wir zu besseren Entscheidungen

      Der erste Punkt ist, Logik und Rationalität nicht als dominierende Akteure zu sehen, also als etwas, das sie eigentlich nie waren. Denn wenn wir das schon falsch beurteilen, dann sind die Folgeeintscheidungen auch schon von einem Irrtum geprägt.

      Das Zweite ist, uns selbst und unsere unbewussten Prozesse besser kennen zu lernen, um die Lage und unsere Reaktionen darauf besser einschätzen zu können. Wenn wir die Veränderungen bewusst besser gestalten wollen, dann müssen wir dabei sein, wenn die Veränderung passiert und nicht erst mit unserem logischen Sachverstand herangehen, weil der erst sich einschaltet, wenn bestimmte Entscheidungen schon gefallen sind. Wir müssen früher dabei sein.

      Wie macht man das?

      Indem man es trainiert. Es gibt Methoden dafür. Die ganzen achtsamkeitsorientierten Methoden gehen in diese Richtung. Buddhistische Meditationsmethoden haben es als Nebeneffekt und Hypnose, eingesetzt bei Entschiedungsfindung, ist ebenfalls als ein guter Weg zu nennen.

      Bei allen geht es um mehr Bewusstsein und Aufmerksamkeit für sich selbst und für die Situation. Ohne gleich beides mit Interpretationen zu überziehen, die wieder auf Interpretationen anderer oder anderem fußen. Es geht um unsere Wachheit inmitten der Situation bevor wir sie mit vorgefertigten Meinungen verzwecken. Dadurch gewinnen wir mehr Klarheit und das wiederum ermöglicht bessere Entscheidungen.

      Denn wenn eines unsere Situation kennzeichnet, so ist es nicht der Mangel an Information, sondern eher ein Zuviel davon. Und meist ist uns kein höher geordnetes Entscheidungskriteium zugänglich, anhand dessen wir die Masse an Info in Entscheidendes und Nicht-Entscheidendes ordnen können.


      Wir können es nicht mit unserer Rationalität, denn dazu gibt es kein objektives Kriterium, das als Maßstab dienen kann. Wohl aber mit dem Bereich, der die Rationalität leitet. Beziehen wir diese Region mit ein, so ordnet sich die Flut an Infos durchaus mit einer stimmten Gewichtung.

      Wie steht es mit Ihnen? Was ist Ihre Erfahrung mit komplexen Entscheidungssituationen?

      Depression - wie es innen drin aussieht

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      Depressionen sind in Deutschland so sehr verbreitet wie das Nichtwissen darüber. Und weil die
      Betroffenen immer noch auf mehr Stigmatisierung als auf Verständnis stoßen, schweigen sie überwiegend. Gut, dass es das Internet gibt. Twitter machts möglich. Hier gibt es Einblicke in die Psyche von Betroffenen.



      Depression wird im diagnostischen Manual für Ärzte als Störung bezeichnet. Landläufig ist es eine Krankheit. Sonst wären die Krankenkassen auch nicht zuständig. Von Depression Betroffenen haben eh schon zu kämpfen, wenn dann noch die Dinge nicht einordnen kann, kommt ein weiteres Problem hinzu:





      Was problematisch ist, dass Leute die Sache vom Äußerlichen her beurteilen.

      Depression aber spielt sich aber nicht im Äußerlichen ab und liegt auch nicht auf der Ebene des Willens. Das ist purer Blödsinn.
      Dass Depression als Krankheit gilt, ist für viele entlastend. Die Alternative früher war "von bösen Geistern besessen" oder "Willensschwäche". Von Depression Betroffene kämpfen sehr viel. Und mit sehr viel meine ich, dass alles sehr viel ist in einer Situation, in der das Aufstehen schon wie eine Art K2-Besteigung einem vorkommt.




      Depression bedeutet, Gegensätzliches gleichzeitig zu spüren: Erschöpft sein und gleichzeitig irgendwie unter Strom stehend sich fühlen. Resignation und gleichzeitig Aggressivität. Zu müde sein, aber gleichzeitig nicht ausruhen können. Am Ende sein und gleichzeitig darüber hinaus getrieben zu sein. Hilfe suchen, aber Helfende wegstoßen.
      Und dann sind da noch diese plötzlichen Weinanfälle.

      Nicht-Betroffene können das nicht nachvollziehen. Das ist normal. Erfahrungen sind nicht teilbar, nur mitteilbar. Das ist aber nicht das Selbe. Unnormal werden Nicht-Betroffene erst dann, wenn sie informiert werden, aber trotzdem bei ihren eigenen Bewertungsmaßstab bleiben und deswegen weiterhin wenig nachvollziehen können.






      Besser als dieses Comic könnte man das, was Betroffene von ihrer Familie und dem Umfeld mitkriegen, gar nicht auf den Punkt bringen.


      Der hashtag auf Twitter ist inzwischen unter den tops. Wer möchte, kann gerne stöbern. Als Therapeut unterstützte ich alles, was der Öffentlichkeit hilft, besser zu verstehen und sich besser zu verhalten. Meiner Meinung nach sollte dieses Wissen Teil einer jeden Berufsausbildung sein. Besser noch: Es sollte zur Allgemeinbildung gehören. Aber da sind wir sehr weit davon entfernt.

      In Deutschland kann man Gewalt gegen Frauen bald lernen - Seminare von Julien Blanc

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      No sexism racism homophobia
      No sexism racism homophobia (Photo credit: Wikipedia)
      Ich rufe ja nicht zur Geschäftsschädigung von anderen auf. Mach ich nicht. Oder doch? Vielleicht in diesem post. Und im Netz habe ich mich auch schon beteiligt.

      Es gibt Leute, die verkaufen kranke Produkte. Zum Beispiel, wie man Frauen mit Gewalt so manipuliert, dass man sie ins Bett kriegt. Die Anbieter dieser Seminare - kein Witz! - wollen nun nach Deutschland. 
      Eng verbunden mit den "Seminaren mit sexuellen Übergriffen" ist ein Name: Julien Blanc.


      Er ist gebürtiger Schweizer, lebt in USA und er gibt Seminare, wie man Frauen "klarmacht". Und zwar auch auf die harte Tour. Wie die genau aussieht, darüber kann man über die Links mehr erfahren. Hier ein berühmt gewordenes Zitat aus einem seiner Vorträge durch die SZ:


      Das wörtliche Zitat kann man auch "life" erleben in einem Videoclip eines Vortrags von ihm auf youtube. Übrigens, er hat auch Videos ins Netz gestellt, in denen er Frauen an der Kehle packt. "Chock opener" nennt er das. Es ist einen Methode, um den Verstand auszuschalten, so dass sie besser manipulierbar ist. So seine Erklärung.

      Oder ein weiteres Bespiel dieser Geisteshaltung, diesmal aus einem Blogeintrag:
      http://indub.io/blog/2014/11/16/pua/
      Auf seiner Seite wirbt er mit dem Spruch:

      Make Girls BEG To Sleep With You After SHORT-CIRCUITING Their Emotional And Logical Mind Into A Million Reasons Why They Should…


      Ich brauche nicht zu übersetzen oder?

      Was ich mich auch frage:

      Warum zahlt jemand an die 3000 Dollar (knappe 2400 Euro, so viel kosten manche Seminare), um Seminare zu besuchen, in denen es auf diesem Niveau zugeht? Neugierde? Sensationslust? Und wer will das wirklich anwenden? Jemand, der Fan von Gefängnisaufenthalten ist?

      Dass das Publikum nur aus selbstunsicheren, verzweifelten, geistig nicht mit der Zeit mitgegangenen Männern besteht, wäre eine Vermutung, aber ich verweigere mich gerne solchen Schablonendenken. Das ist etwas für gender-Beauftragte (sorry, das war bösartig, aber ich konnte nicht widerstehen)

      Meine Welt jedenfalls ist bunt, nicht schwarz-weiß.

      Auf facebook postete Blanc eine Infographik über häusliche Gewalt - als Anleitung für Männer, wie sie mit ihren Frauen umgehen sollen, damit sie ihnen nicht weglaufen (s. in den Links)

      Verbote sind zu sehr old style 

      Australien hat Blancs Visa gestrichen. UK ebenso. Damit befindet er sich in Gesellschaft mit anderen unangenehmen Zeitgenossen wie Holocaustleugnern oder Attentäterverdächtigen etc. In Brasilien wurde ihm die Einreise verweigert.

      Ich bin kein großer Freund von solchen Maßnahmen. Ok, kann man machen, Australien oder UK ist mit seinem Visumentzug das Problem los. Brasilien auch. Jetzt will er das Ganze in Deutschland anbieten. Das Problem mit diesen Verboten ist, dass man das Problem nur verschiebt, anstatt löst.

      Mir wäre es lieber, solche Leute wie er, würden keine Kunden bekommen. Dann würde sich das alles erledigen, und zwar sicherer als es ein Verbot tut. Dass es Leute gibt, deren geistige Gedankenwelt einfach ungesund sind, dagegen kann man nichts machen. Damit muss man umgehen lernen. Aber wieso zum Kuckuck sind solche anscheinend so erfolgreich im Geschäft? Wenn man da ansetzen könnte, würde man das Problem an der Wurzel packen.


      Jetzt die gute Nachricht: Genau das geschieht!

      Im Internet formiert sich Widerstand. So hat sich auf twitter unter verschiedenen hashtags eine Offensive gegen die Firma, in deren Namen Blanc operiert, breitgemacht. Bevor jetzt wieder manche meinen, das ist eh nur etwas ohne Wirkung, lassen Sie uns anschauen, was wirklich passiert:

      Es laufen weltweite Kampagnen gegen den Typen. User fordern (und es sind Hunderttausende) dazu auf, dass das Unternehmen verboten wird. Hotels werden von Massen angeschrieben und aufgefordert, die Veranstaltungen von Blanc abzusagen. Seine Kreditkartenfirmen werden angegangen, die Zahlungen an ihn nicht zu akzeptieren.



      Wer je einmal selbstständig war, der weiß: Das ist ein Gau. 

      Reputation ist die Grundlage von solchen Anbietern und das, was jetzt passiert, ist ein Frontalangriff.

      Von allen Seiten.

      Weltweit.

      Es gibt kein Entkommen und niemand wird das aus der Welt schaffen können. Was im Netz ist, bleibt im Netz. So etwas wirkt wesentlich gründlicher als es staatliche Verbote je sein können.

      Blanc hat sich, um den Schaden zu begrenzen, in einem CNN-Interview entschuldigt. Es war alles nur ein dummer Versuch, lustig zu sein und er will in Zukunft sensibler sein. In dem, was per Video dokumentiert wurde, sah es allerdings nicht so aus, als wäre es auf einem Seminar eine Scherzeinlage gewesen. Und ehrlich gesagt, ...

      ... ein menschenverachtendes Auftreten wird dadurch nicht weniger menschenverachtend, indem man es zu einem missglückten Versuch erklärt, witzig zu sein. Ehrlich gesagt, ich hoffe, das alles nützt ihm nichts.


      Wenn Blancs Seminare verschwinden, wird die Welt besser! Der Mann ist 25. Er hat noch alle Zeit, sich einen neuen Job zu suchen und etwas anderes aufzubauen.


      Dass so viele gegen Blanc vorgehen, zeigt, dass die Zeiten besser werden. Wir kommen vorwärts. Sexismus, Gewalt und Verachtung gegenüber Menschen ist Teil unseres Alltags. Natürlich macht die Firma, für die er steht, weiter. Es ist der Sarrazin-Effekt: Selbst wenn ich zuweilen Müll verkaufe, bleibe ich bei der Haltung "Jetzt erst Recht". Aber es gibt viel mehr, die dagegen angehen. Und nicht nur ich, sondern auch die anderen Hundertausende kriegen das auch noch hin.


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      Wenn Veränderungen schwer fallen

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      http://heftig.co/historische-fotos/
      Alles verändert sich. Das ist der Lauf der Dinge. Diese "Teenager" da rechts zum Beispiel sind die "Rolling Stones". Hätten Sie sie erkannt?

      Veränderung ist das Natürlichste aller Dinge. Warum fallen uns dann bestimmte Veränderungen so schwer?

      Die Antwort liegt in tief unserem Kopf. Dieser post informiert über den Zensor im Kopf und welche Einstellung die bessere im Leben ist.



      Wir sind seit Kindheit an darauf programmiert, Kontinuität zu suchen, Pläne und Zukunftsziele zu schmieden. Selbst in globalisierten und durch schnelle und ständige Veränderungen charakterisierte Jobs werden beim Job-Interview noch solche Fragen gestellte wie: "Wo wollen Sie in fünf Jahren sein?" Aber wer soll das in einer durch und durch dynamischen Welt schon wissen?

      Im Lebenslauf sollen keine Lücken sein. 

      "Mehr als 84 Prozent der Personaler berücksichtigen Lücken bei ihren Entscheidungen." schreibt Andreas Wenleder in seinem Artikel über berufliche Auswahlverfahren, nicht ohne einen Fachmann zu zitieren: 
      "Doch diese Vorgehensweise entpuppt sich als nutzlos für die Auswahl von guten Bewerbern."

      Vom Arbeitsleben her haben wir eine unterschwellig negative Einstellung gegenüber Brüchen, Wechsel, Abrüchen oder anderen Diskontinuitäten. Studienabbrecher, Studienwechsel, Lehrlinge, die ihre Lehre abbrechen ... all diese Worte haben in unseren Ohren einen negativen Klang. Sie stehen unwillkürlich in einer Reihe mit "nichts durchziehen können", "sprunghaft sein", "nicht wissen, was man will", "nichts auf die Reihe kriegen", "nicht in der Spur sein" ....


      Dabei wären doch in einer so vielgestaltigen Welt, wie es heute und nie vorher der Fall war, die Abbrüche und Neuanfänge wohl eher ein angemessenes Verhalten. Aber immer noch ist für viele "Etwas-nicht-durchzuziehen" gleichbedeutend mit "Versagen" oder "Unfähigkeit".


      Umwege erweitern die Ortskenntnis

      Dabei haben sich neben der klassischen Karriere längst vielfältige Lebenswege gerade durch die Digitalisierung etabliert. Und gerade die bringen einem persönlich viel weiter als ein geradlinier Lebenslauf.

      Als ich nach Surin unterwegs war, hätte ich von Bangkok aus das Flugzeug nehmen können. Eine Stunde Flug und es wäre gegessen. Ich habe mich damals entschlossen, den Zug zu nehmen, und zwar nicht 1. Klasse. Entsprechend verbrachte ich fast das sechsfache an Zeit in einem vollbepackten Abteil, zwischen gestapelten Koffern, aneinander gedrängt sitzenden oder stehenden Reisenden und gackernden Hühnern. Doch wo habe ich wohl mehr vom Land und seinen Bewohnenrn kennengelernt? 

      Es sind die gewundenen Wege, die die Ortskenntnisse erweitern.

      Der Zensor aus der Vergangenheit

      Aber es ist diese unbewusste Abwertung, die in uns steckt, dieser Zensor aus der Tradition, der unter dem Vorwand Gewohnheit den Veränderungen ein negatives Etikett draufklebt, auf dem steht: "Es kommt nichts Gutes nach."

      In Wirklichkeit gibt es aber drei entscheidende Dinge in Ihrem Leben, die Sie gar nie verhindern können:
      1. Ihren Nachfolger
      2. weitere Lektionen, die Ihnen das Leben erteilt
      3. dass alles, was einmal angefangen hat, auch einmal ein Ende hat
      In Wirklichkeit verändern wir uns ständig. Schauen Sie an Ihrem Körper herunter: Ich selbst habe einmal 5 Kilo gewogen! Sie auch! Und jetzt?
      Zur Illustration: Ein Vater hat seine Tochter 14 Jahre lang gefilmt und die natürlichen Veränderungen festgehalten. Hier ist Lotte:



      Gehen wir jetzt nur einen kleinen Schritt weiter

      Wenn Veränderung ist der natürliche Lauf der Dinge ist, dann ist es so mit allem, was Ihnen begegnet.
      • Alles, was sie bekommen, wird wieder verschwinden - Ihre Gesundheit, Ihre Krankheit, Ihr Eigentum
      • Alles was beginnt, hat auch wieder ein Ende - Ihr Job, Ihre Beziehung, Ihr Leben
      Klingt das negativ? Aber wieso, wenn das doch nur der natürliche Lauf der Dinge ist, wie wir festgestellt haben.

      Wenn wir dem natürlichen Lauf der Dinge mit innerer Ablehnung begegnen, machen wir es uns nur schwerer, mit ihnen zurecht zu kommen. Wir leben dann sehr nah am Katastrophenmodus. Ständig müssen wir aufpassen, dass ja nichts passiert. Dabei ist es klar, wie das eigene Leben ausgehen wird. Warum regen wir uns dann über Kleinigkeiten auf?

      Wir müssen nicht alles mit einem Hurra-Geschrei willkommen heißen. 

      Naivität ist kein Ausweg. Ein Ausweg aber ist es, wenn wir der Veränderung mit Gleichmut begegnen können. Um damit dann das zu gestalten, was sich gestalten lässt und um den Rest mit ebenso dem selben Gleichmut hinzunehmen. Was es dazu braucht, ist, das eine vom anderen unterscheiden zu können.

      Was wir dazu brauchen

      Das ist nicht immer leicht und es braucht vor allem innere Klarheit. Genau darin liegt ein Kernpunkt meiner Arbeit und die systemischen Methoden oder die Hypnosearbeit sind genau darauf abgestimmt.
      Klarheit erleichtert vieles und gibt Kapazitäten frei. Sie ermöglicht ein eigenständiges Leben. Und das ist das Beste, was einem passieren kann.

      Was Hypnose und der Nikolaus miteinander zu tun hat?

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      H als nikolaus
      H als nikolaus (Photo credit: Wikipedia)
      Jeder weiß, der Nikolaus, der den Kindern Geschenke bringt, gibt es nicht wirklich. Aber als kleines Kind haben wir daran geglaubt, zumindest in der Kultur, in die ich hineingeboren wurde.
      Das Ausschlaggebende dabei ist nicht, ob es ihn wirklich gibt oder nicht, sondern was dieses Bild vom Nikolaus bewirkt.
      Es sind nicht so sehr die Tatsachen, sondern die inneren Bilder von Tatsachen, die die Fakten schaffen. Genau deshalb arbeitet die Therapie mit Hypnose damit. Im Anschluss erfahren Sie mehr darüber.


      "Heute kommt der Nikolaus"

      Dieser Satz löste, als ich klein war, sofort eine Anspannung aus. Mein Körper fühlte sich sofort in Alarmbereitschaft versetzt und in meinem Kopf breitete sich für einen Moment ein gähnende Leere aus. Beides hat sich inzwischen gelegt, aber die Szene weiß ich noch.

      Trotzdem, neben der Angst gab es auch Neugierde und den Geschmack von Abenteuer. Neben der Anspannung lag Spannung in der Luft. Der Tag war etwas besonderes.

      Am Abend wurde es noch besonderer. Die Türklingel schellte und mir fuhr der Schreck in die Glieder. Aber es war nur Oma, die vorbeikam, um auch den Nikolaus zu sehen. Ich hatte mich gerade etwas beruhigt, da klingelte es wieder und wieder sprang ich nervös auf. Aber es war Opa, der zu Hause noch etwas richten musste und deshalb verspätet kam.
      Wir warteten und ich wiederholte mein auswendig gelerntes Gedicht im Kopf immer wieder, auf dass ich ja nichts vergessen würde, wenn der Nikolaus kommt.

      Und dann klingelte es wieder.

      Ich weiß noch, ich war von all dem völlig absorbiert. Ich sah den großen weißen Bart, erinnere mich an die mächtigen Stiefel und an einem großen Sack, in dem ich mich hineinbeugen sollte, denn auf dem Grund des Sacks läge etwas für mich. als ich mich in die Dunkelheit des Sackes beugte, schoss mir der Gedanke durch den Kopf: "Jetzt wird er mich gleich am Hosenbund packen und mich in den Sack stecken". Statt dessen fand meine tastende Hand ein kleines Schaukelpferd aus Schokolade, das ich stolz in die Luft streckte. Mehrmals musste ich hineingreifen und immer wieder fand ich eine Süßigkeit. Ich war glücklich.

      Dass diese Bilder noch 40 Jahre später präsent sind, zeigt, wie tief sie sich in einem verankern können.

      Die Hypnose dazu

      Nüchtern betrachtet könnte man das selbe Geschehnis mit Begriffen aus der Hypnotherapie beschreiben.

      • Es gab eine Induktion: Die Ankündigung, dass an einem bestimmten Tag der Nikolaus käme. Natürlich mit der felsenfesten Überzeugung, dass es ihn gibt. Als Kind glaubt man seinen Eltern. 
      • Die Induktion gipfelte in dem Satz: "Heute kommt er"
      • Es folgten etliche convincer(Elemente, die den Nachweis bringen, dass es tatsächlich so ist, wie gesagt wird): Die restlichen Familienmitglieder treffen ein, weil auch sie den Nikolaus sehen wollen (also muss es ihn ja geben). Auch in Hypnose treten verschiedene mentale und körperliche Phänomene auf, über die ich meine Klienten vorher aufkläre und sie dann in Hypnose teste. Entsprechend können meine Klienten sich selbst überzeugen, ob sie in Hypnose sind oder nicht. (Sie sind es immer!)
      • Das, was an inneren Bildern erzeugt wurde, passiert wirklich: Der Nikolaus kommt - in Hypnose tritt die Wirkung dessen ein, was ich meinen Klienten eingegeben habe (also zum Beispiel wird eine Situation, die vorher Angst ausgelöst hat, jetzt auf einmal ohne Angst erlebt; oder Schmerzen vermindern sind oder sind weg; oder ....)
      • Veränderte Wahrnehmung tritt auf: Ich habe als Kind nicht mitbekommen, dass, so lange der Nikolaus da war, Opa nicht da war. Obwohl ich vor allem das Schokoladenschaukelpferd jeden gezeigt hatte. Opa war weg und ich habe es nicht gesehen. (=negative Halluzination, ein Zeichen für tiefe Hypnose)
      • Fokussierung auf einen Ausschnitt der Wirklichkeit und selektives Denken: Ich war so fixiert auf die Einzelteile des Geschehens, dass diese mir bis heute in der Vorstellung erhalten geblieben sind (der Bart, die Stiefel, der Sack etc.), aber ein Gesamtbild hatte ich nie. Hypnose blendet Teile der Wirklichkeit aus, um sich Einzelteilen verstärkt zu widmen.

      "Und die Moral von der Geschicht"

      Die inneren Bilder, die wir erzeugen, schaffen Realitäten, denen wir folgen. Aus den Ergebnissen dieser Bilder spinnen sich weitere Überzeugungen, Beurteilungen, emotionale Vorlieben und Abneigungen. Entsprechend  handeln wir. So entstehen Muster.

      Während wir alle irgendwann das Glaubensmuster "Es gibt einen Nikolaus, der Geschenke bringt" ablegen, bewegen sich manche ein ganzes Leben lang in ihren anderen Mustern. Daraus gestaltet sich unser Leben.

      Eine letzte Gemeinsamkeit zwischen Nikolaus und Hypnose: 

      Es gibt keinen, der am Anfang kein mulmiges Gefühl dabei hat. Und es gibt keinen, der am Ende nicht mit einem breiten Grinsen wieder herauskommt. In sich selbst hinabzutauchen ist ein Abenteuer. Und Abenteuer haben per definitionem beides: Am Anfang Spannung und am Ende ist etwas besser und das Leben farbenfroher.


      So jedenfalls sollte es sein bei kleinen Jungs. Und bei Erwachsenen bei der Hypnotherapie ist es so. Zumindest in meiner Praxis lege ich Wert darauf.

      Psychische Belastung auf Rekordhoch! - Arbeitnehmerreport 2014 Deutschland

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      Psychische Leiden nehmen zu. Die Fehlzeiten am Arbeitsplatz sind gestiegen: um 500 Prozent in nur einer Generation! Und nein, das ist keine Effekthascherei. Die Zahlen geben das her. Hier die Hintergründe:

      Zunächst die Zahlen:

      Zwischen 2006 bis 2013 stiegen die Fehltage von 12,4 auf 17,6. Ursache: chronische Beeinträchtigungen. Die Zahl von der Verfünffachung der Krankheitstage wegen psychischen Beeinträchtigungen umfassst 1976 bis 2013.
      Schaut man sich die Endrechnung an, dann scheint das doch nicht so viel zu sein: Von einem halben Tag bis 2,6 Fehltage.

      Aber man übersieht dabei erstens leicht den rasanten Anstieg (es ist eine Verfünffachung!) und zweitens sind für Unternehmen ja die echten Fehltage im Jahr entscheidend. Und da sind es 2013 im Schnitt 38 Tage pro Person.

      Vergleicht man das mit den Krankheitsursachen, so muss ganz klar gesagt werden:


      Psychische Beeinträchtigungen sorgen für die längsten Fehlzeiten!



      Ungefähr ein Drittel dieser psychischen Leiden trägt einen ganz klaren Namen: Depression!
      An zweiter Stelle sind Tumorerkrankungen mit 35 Tagen im Schnitt. Wenn man es auf dem Niveau einer Zeitung mit den 4 Buchstaben ausdrücken will, könnte die Überschrift lauten:


      Psychische Krankheiten verursachen mehr Arbeitsausfälle in Deutschland als Tumore.



      Ehrlich gesagt, ist das kein Zufall. Psychische Beeinträchtigungen sind zu einem großen Teil durch das Wechselspiel von Person und Umwelt bedingt. Naütrlich gibt es auch genetische Ursachen, doch die alleine machen es nicht. heute geht man von einem Mischverhältnis aus Genetik und Lebensart aus. Es schwankt je nach Schulmeinung zwischen 50:50 und 60:40.

      Natürlich sagt der Bericht des BKK Dachverbandes nichts über diese Dinge (der Report gilt übrigens als repräsentativ für Deutschland), aber eine solche Zunahme von psychischen Leiden ohne eine Ursache in der Umwelt des Zwischenmenschlichen zu sehen, ist schwerlich zu behaupten.

      Höchste Zeit, dass wir in die Puschen kommen

      Wenn es aber so ist, dann müssen wir Deutsche als Gesellschaft folgende Fragen beantworten können:
      1. Wie stark ist das emotionale-kognitive Gesundheitsmanagement ausgeprägt am Arbeitsplatz?
      2. Wie viel weiß ich über die Art und Weise, wie die Psyche funktioniert, wie Emotionen zustande kommen, wie Stress funktioniert, welche kognitiven Eigenschaften eine Rollen etc.
      3. Wie sehr setze ich dieses Wissen um in meine persönliche Lebensführung?
      Nicht umsonst meinen hier zwei von den drei Fragen das Individuum und nicht den Betrieb. Denn Veränderungen im Betrieb können nämlich nur durch Individuen angestoßen und durchgeführt werden.

      Die eigenen Gefährdung und der Arbeitsplatz

      Zu mir kam eine Frau in Beratung zu einem beruflichen Thema. Sie war lange Zeit wegen Brustkrebs krank gewesen, hat wieder angefangen zu arbeiten, fühlte sich aber wieder sehr geschwächt. Ihre Frage war: Wird es mir in der Situation, wie sie am Arbeitsplatz ist, schaden, wenn ich mich wieder krankschreiben lasse?

      Was habe ich geantwortet? Indem ich sie auf die Grundlage dieser Frage hingewiesen habe, nämlich: das hängt davon ab, wie die eigenen Prioritäten liegen.
      Gesetz dem Fall, sie könne ihre Karriere wieder anfangen und auch durchstarten und alles verläuft beruflich so, wie sie es sich wünschen würde - sie müsste aber dazu in Kauf nehmen, dass der Krebs wiederkäme - würde sie diesen Preis zahlen?

      Sie meinen, dieser Vergleich wäre krass? Nein. Ist er nicht. 

      Meine Frage bringt meinen Gegenüber zu dem, um was es hier wirklich geht: Was ist mir persönlich wichtig in meinem Leben und was weniger. Und was habe ich gelernt aus dem, was hinter mir liegt?

      Wir neigen dazu, einfach so weiter zu machen. Wir bewältigen Krisen und machen so weiter. Dadurch vergeben wir Chancen, die in dem liegen, was uns begegnet. Wir vergeben uns Chancen, größer zu werden. Wenn wir diese aber außer Acht lassen, bleibt am Ende nur das Gefühl der Krise und wie schlimm diese war, in Erinnerung.

       Wir sind noch etliche solche "Preiszahlungen" durchgegangen, das mit dem Krebs war nur die Spitze. Danach war klar, was genau wichtig war und mit diesem Wissen war auch die Eingangfrage erledigt.


      Wenn wir umherirren und nicht wissen wohin, dann deshalb, weil wir nicht wissen, wer wir eigentlich sind. Wenn wir wissen, wer wir sind, wissen wir auch um die Kriterien, wie ein richtiges Leben für uns aussehen soll. Das ist übrigens nicht auf meinen Mist gewachsen, sondern stammt von einem ajahn, aber das ist eine andere Geschichte.

      Nackig unterm Tannenbaum oder: Psychologie des Schenkens

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      The historical center of Schöckingen in Baden-...
      The historical center of Schöckingen in Baden-Württemberg in Germany, with christmas illuminations. (Photo credit: Wikipedia)
      Klar, sicher, das Wichtigste beim Schenken ist die Absicht. Trotzdem zerbrechen wir uns jedes Jahr den Kopf nach dem richtigen Geschenk für unsere Lieben.
      Ein eher nicht alltägliches Geschenkt machte eine Frau ihrem Liebsten, als ihr so gar nichts zu Weihnachten einfiel:

      Sie setzte sie sich komplett nackig unter den Weihnachtsbaum, dekoriert mit einer riesengroßen roten Schleife um den Bauch. Dann läutete sie die Glücke zum Zeichen der Bescherung. Und ...


      ... anscheinend hat es funktioniert, denn die beiden sind gut miteinander verheiratet. Was uns wieder zur Frage führt, wie schenkt man am besten?

      Wie schenkt man richtig?

      An der Universität Virginia Tech untersuchte man, wie ein Geschenk ankommt. So konnten sich die Teilnehmer entscheiden, ob sie lieber einen iPod schenkten oder einen iPod plus Gutschein für einen kostenlosen Musikdownload.

      Die meisten entschieden sich für Variante 2. Ihr Motiv: Der Beschenkte hat nicht nur das Gerät, sondern auch gleich kostenlos Musik dazu, also einen größeren Mehrwert. Darüber würde er sich mehr freuen, als wenn er nur eines bekommen würde. So die Überlegung der Schenkenden.

      Das Überraschende: 

      Als der Beschenkte die Sachen geldlich bewerten sollte, fiel bei iPod plus Gutschein die Einschätzung wesentlich niedriger aus. Wenn dagegen nur der iPod geschenkt wurde, so wurde dieser stets als höherwertig vom Beschenkten eingestuft.

      Das war kein Zufall, denn in den Folgeexperimenten entschieden die Probanden ebenfalls genau so. Das eine Geschenkt wurde immer als wertvoller eingestuft als das selbe Geschenkt plus kleines Präsent oben drauf.

      Das Fazit der Forscher:


      Der Beschenkte registriert die Geschenke nicht als einzelne Dinge, sondern als Ganzes und für seine Einschätzung kalkuliert er im Kopf einen Durchschnittspreis für alles. Dabei entwertet praktisch das kleine billigere Geschenkt das große teurere.
      Im Gegensatz zu dem, was der Geber denkt. Der meint nämlich, dass mehr einfach mehr ist. Beim Beschenkten ist es anders herum. Bei ihm ist weniger mehr. 

      Was uns wieder zu der anfangs erwähnten Nackedei unterm Weihnachtsbaum führt. Sie würde der Untersuchung wohl Recht geben. Schließlich fühte bei ihr ein "Weniger" (Klamotten) ebenfalls zu einem "Mehr" an gelebter Beziehung.

      Ok, falls Sie nun noch nicht wissen, was Sie schenken sollen ... wenn Sie nicht für die Variante mit dem Tannenbaum ausprobieren wollen, so wissen wir jetzt doch, auf was es ankommt.

      Fröhliche Weihnachten. Ich hoffe, Sie begehen die Tage so, wie es Ihnen entspricht.

      Vielen Dank für das Lesen meines Blogs. Es freut mich sehr, dass Sie bei mir vorbeischauen.

      Alles Gute für die kommenden Tage!

       

      Gruss aus 2014

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      2014 ist vorbei. Ich danke allen Lesern, im Moment aus der Ferne. Festgestellt habe ich, dass manche emails geblocked werden. Deshalb werde ich vieles wohl erst bei meiner Rückkehr lesen können. sorry für die Verspätung. Nicht alle Welt ist frei und die Kontrolle von Staaten sind mal mehr, mal weniger sichtbar. Ich bin gerade in einem, dessen Kontrolle offensichtlich ist. Vielleicht erzähle ich später einmal mehr darüber.

      Eines der schönsten Dinge, die geschehen sind ...



      ... hier zwei Videos. Eine 16jährige und ihr Hund ... ist zwar schon etwas her, aber die Lebensfreude ist einfach ... "sehenswert"


      Und weil ich weiß, dass Musik wirklich heilend sein kann ... zum Abschluss noch ein Video aus Thailand: Eine der besten Versionen von "Rolling in the Deep", die ich je gehört habe. Großartige Stimme!

      Mit diesen kleinen Impressionen verabschiede ich mich für dieses Jahr und wünsche einen guten Rutsch!

      Alles Beste bis wir uns in irgend einer Form einmal treffen

      Viele Grüße
      Jörg M.Maier

      Wenn plantonische Freundschaften die Beziehung gefährden

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      Es heißt: Liebhaber und Ehepartner kommen und gehen, Freunde bleiben.
      Folgerichtig ist es sinnvoll, in einer festen Partnerschaft seine Freunde nicht zu vernachlässigen - was aber oft genug passiert. Es stellt sich aber die Frage: wie dosiere ich richtig?


      Der Partner mag verstehen, dass man "quality time" mit seinem Freund / Freundin verbringen will. Wenn es jedoch konkret wird, sorgt möglicherweise die Entscheidung, doch lieber mit ihm / ihr etwas zu unternehmen als mit dem eigenen Partner, für Missstimmung. Gerade wenn der Freund / die Freundin nicht dem selben Geschlecht angehört wie man selbst, kann es beim Partner Unsicherheit auslösen, woran er / sie ist.
      Meist ist es in dieser Phase jedoch so, dass der eigene Partner erst einmal sich das nicht anmerken lassen will, also genau das Gegenteil behauptet.

      Wann kanns anfangen zu kippen?

      Dann passierts zum zweiten Mal: Der Partner hat einen Höllentag auf der Arbeit, will reden, will was unternehmen, man selber hat einen Termin mit seinem platonischen Freund / Freundin und ist nicht da.
      Ab da geht die Sache in eine neue Runde. Frisch heimgekommen sieht sich der platonische Freundschaften Pflegende mit Vorwürfen konfrontiert, die für ihn erstens völlig überraschend kommen und zweitens für seine Begriffe weit über das Ziel hinausschießen. Unabhängig wie beide das sehen, die Beziehung hat jetzt eine Delle.

      Was sagt die Wissenschaft?

      An der Universität von Wisconsin-Eau Claire untersuchte man Freundschaften zwischen mehr als 400 Männern und Frauen im Alter von 18 bis 52 Jahren, sowohl die, die dazu noch in einer festen Beziehung waren, als auch singles.
      Was dabei herauskam, war:

      Meistens exitiert ein Minimum an Anziehung in den gegengeschlechtlichen Freundschaften, auch wenn beide noch so sehr beteuern, es wäre rein platonisch. Auch fühlten sich mehr Männer zu ihrer platonischen Freundschaft körperlich hingezogen.



      War einer der platonischen Freunde in einer festen Beziehung, denn gab es folgenden Zusammenhang:

      Je mehr sich jemand von seinem Freund / Freundin angezogen fühlte, desto unzufriedener war sie / er mit der eigenen Partnerschaft. Allerdings wurde nicht klar, was nun Ursache oder Wirkung war. Fühlt sich jemand zu dem anderen hingezogen, weil die eigene Beziehung nicht gut ist, oder war es die Anziehung zum anderen, die die Beziehung in Mitleidenschaft führte?


      Mit Freunden kann man über Dinge reden, die vielleicht in einer Partnerschaft schwieriger sind, anzusprechen. Man kann sich Ratschläge holen, kann sich über den Partner aufregen - Freunde bieten ein Ventil. Das schafft Nähe und Vertrautheit. Problematisch wird es, wenn man daraus Schlüsse zieht, die über die Freundschaft hinaus reichen. Gerade bei Internet-Freundschaften ist die Gefahr groß. Was dort an gegenseitigen Verständnis "rüberkommt" muss und ist auch meistens nicht das, was im richtigen Leben einem entgegengebracht wird. Viele folgten dem Bild, das sie sich vom anderen über Internet gemacht haben und stolperten dann über die Realität.

      Plantonische Beziehungen können funktionieren, wenn klar allen Beteiligten klar ist, wer zu wem gehört und wo die Prioritäten liegen. Wie immer die Beteiligten es dann im konkreten Leben umsetzen, die Zeit, die mit Partner oder Freund/Freundin verbracht wird, muss diesen Prioritäten Ausdruck verleihen. Und das nicht nur für einen, sondern für alle. Dann funktioniert es.

      Küsst du ´nen Frosch oder: Quaterlife Crisis - ein neues Phänomen heute

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      Cover of "Quarterlife Crisis: The Unique ...
      Cover via Amazon
      quaterlife crisis. Ein neues Wort, ein neues Phänomen. Nicht mehr so ganz neu, denn beschrieben wurde es 2001. Aber zuweilen entdecken es manche Zeitungen wieder neu.

      Was steckt dahinter? Ist quaterlife crisis wieder so ein neues Modewort aus der Schreibstube der Pharmazie im Therapeutenuniversum?
      Werfen Sie mit mir einen Blick in ein Lebensgefühl einer Generation

      Der Begriff

      Die Wortkombination "quaterlife crisis" ist der "midlife crisis" nachgebildet. Doch während diese eher die älteren Semester heimsuchen soll, trifft es bei der quaterlife crisis diejenigen, die nur ihr erstes Lebensviertel (quaterlife) gerade hinter sich gebracht haben. Sprich: Die zwischen 25 und 35 Jahren.

      Woher kommt´s?

      Abby Wilner und Alexandra Robbins schien in der Mitte ihrer Zwanziger eine eigene Identitätskrise erwischt zu haben. Und was machen zwei junge Amerikanerinnen damit? Sie schreiben ein Buch! Der Titel: "Quarterlife Crisis: Die Sinnkrise der Mittzwanziger" Das war 2001 und die beiden landeten damit einen Bestseller.

      Worum geht´s?

      Es geht um das Gefühl vieler Mitzwanziger bis Mitdreißiger, irgendwo im Leben bereits die falsche Abzweigung genommen zu haben.
      Viele sind mit Enthusiasmus losgebraust, gewillt mit Einsatz und Kraft auf den Mittelstreifen, und auch auf die Überholspur zu wechseln - und dann taucht plötzlich die Frage auf, was denn am Ende der Straße auf einen wartet. Sie vergleichen die erdachte und vorgestellte Landkarte mit dem tatsächlichen Gelände und stellen fest: die beiden stimmen nicht überein.

      Ich bin zwar schnell unterwegs - aber es scheint die falsche Richtung zu sein. 

      Es folgen Zweifel, Unsicherheit, Enttäuschung, Unzufriedenheit, Zukunftsangst oder gar Depressionen.

      Echt ein Problem jetzt?

      Das seien alles Luxusprobleme, könnte man einwenden. Prinzipiell stehen doch den jungen Menschen alle Möglichkeiten offen: Gute Ausbildung, Mobilität, freie Berufswahl ... so vielfältig wie die Chancen heute sind, das Leben zu führen, das man sich wünscht, so vielfältig waren sie noch nie.

      Aus der Sicht der Eltern und Großeltern stimmt das sicherlich. Aber dabei wird eines vergessen: Das waren die Kriegs- und Nachkriegsgenerationen. Deren Leben unterlag natürlich viel mehr Einschränkungen als heute. Allerdings ist es unfair, das heutige Leben mit dem Maßstab einer zu Ende gehenden Generation zu messen. Die Zeiten sind anders.

      Der Unterschied zu früher

      Noch nie stand es dem Einzelnen so klar vor Augen, was ihm alles entgeht, wenn er sich angesichts der Fülle von Möglichkeiten für eine entscheidet. Noch nie war einem so deutlich bewusst, auf wie viel man verzichtet, wenn man eine Möglichkeit auswählt. Wer sich unter 100 Torten eine auswählt, der sieht heute deutlich, dass er auf die anderen 99 verzichten muss.

      Unsere Eltern und Großeltern dagegen mussten "nur" auf Dinge verzichten, die sowieso gar nicht gegeben waren. Es gab eben nur die eine Torte - oder manchmal auch nur ein Tortenstück. Darüber hinaus lag nichts im Schaufenster. Und Dinge, die es nicht gibt, vermisst auch niemand.

      Und noch ein gravierender Unterschied

      Die Kriegs- und Nachkriegsgenerationen kannten nur eine Blickrichtung: nach vorne. Der Blick zurück war zu schmerzlich und man hätte sich mit Dingen auseinandersetzen müssen, die ... na ja ... Lieber nach vorne schauen. Die Zukunft konnte nur besser werden.

      Junge Mütter und Väter von heute lavieren mühsam zwischen Kinderaufsicht, befristenten Arbeitsverträgen und Krippenplätzen. Konnte es früher nur besser werden, so verkündet den jungen Vätern und Mütter der Blick nach vorne nur eines: "Strapelt nur weiter, ihr kommt auf keinen grünen Zweig, weil es keinen mehr gibt."

      Wie verläuft die quaterlife crisis.

      Im Durchschnitt dauert sie zwei Jahre. Sie beginnt mit einem dominierenden Gefühl des Eingesperrtseins. Das eigene Leben wird einem zu eng, zu falsch, zu einseitig. Irgendetwas will aus einem heraus und kann nicht.

      Nach vielen emotionalen Auf- und Ab kämpfen sich die Betroffenen den Weg frei, mehr die Veränderungsmöglichkeiten in den Blick zu nehmen.

      Phase 3 ist anschließend gekennzeichnet durch erste Umbrüche. Konkret bedeutet das zum Beispiel den Wechsel des Arbeitsplatzes, des Studiums, das Ende einer Beziehung.

      Die letzte Phase steht dann ganz im Dienst der Konsolidierung des Neuen.

      Wir leben in der Zeit variabler Zukünfte

      Angesichts der Unübersichtlichkeit heutiger Vielfalt verstärkt sich die Unsicherheit. Vieles weiß man eben nicht im Vorraus, sondern muss es ausprobieren.

      Irgendwie scheint man jetzt überall viel mehr Frösche küssen zu müssen, bevor sich die eine Auswahl als Prinz entpuppt. Nicht selten scheint es auch gar keinen Prinz zu geben. Und immer häufiger laugt einem das ständige Neuanfangen aus.

      Unterstützung von den Älteren, die noch immer in hohen Entscheidungspotitionen sitzen, gibt es wenig bis gar nicht. Ihr Einfühlungsvermögen in den Lebensalltag von jungen und mitteljungen Leuten ist sehr begrenzt. Sie fühlen sich allein gelassen. Zu Recht.
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      "Ich liebe jemand, der Depression hat" - sechs wertvolle Tipps für Angehörige

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      Schlechte Phasen hat jeder. Es gibt Zeiten, da ist im Bett bleiben nicht die bessere Option, es ist die einzige Option.

      Doch das ist nicht Depression. Es ist ein Unterschied, sich depressiv zu fühlen und eine Depression zu haben. Das Schlüsselwort, das den Unterschied macht, lautet "fühlen". Manfred ist so ein Beispiel.


      In Manfreds Leben gab es einige Veränderungen. Einiges davon war unschön und einiges ging auch nicht so aus, wie er es gedacht hatte. Aber alles in allem war es nach Manfreds Meinung nichts groß Dramatisches.

      Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass Depression ein traumatisches, schreckliches Erlebnis voraussetzt. Das kann sein, muss es aber nicht. Zuweilen kommt Depression einfach. Ohne ersichtlichen Grund. Es passiert einfach. Deshalb zählt es auch als Krankheit. Krankheiten passieren. Es hat nichts zu tun mit Willen, Stimmungsschwankungen oder sonst irgend etwas.



      Manfreds Partnerin verstand nicht, warum er Dinge, die im Alltag so kamen, so schwer nahm. Warum nicht einfach versuchen, die Dinge nicht so an sich ran zu lassen? Alles, was Manfred machen sollte, es einfach mal tun. Wenn er wollte, könnte er es sicher. Das war ihre Meinung.


      Aber Manfred konnte nicht. Er konnte nicht einmal versuchen, es zu versuchen. Depression schädigt mehr als persönliche Missgefühle.




      Für die Partner ist es hart. Wie wir alle können sie niemanden in seinen Kopf hineinschauen. Sie können nicht verstehen, warum Menschen mit Depression Dinge tun, die sie tun. Sie können nicht nachvollziehen, warum die Betroffenen auf Vernunftgründe nicht ansprechbar sind und sie selbst können es auch oft selber nicht erklären.

      Für Manfreds Partnerin war es ein langer Weg, bis sie lernte, dass man mit Logik, Vernunft oder bürgerlichen Vorstellungen, wie es zu sein hat, nicht weiter kommt. Hier ein paar Punkte, die sie gelernt hatte.

      1. Dein Partner ist nicht einfach nur traurig

      Depression ist Gefühlszustand, es ist eine Krankheit. Wie Grippe oder sonst etwas kann sie wie aus dem Nichts kommen. Einfach so. Depression verdunkelt in einem alles:
      • Es reduziert deine Fähigkeit, Freunde zu finden.
      • Es verkrüppelt dein Sozialleben, behindert deine Kontakte.
      • Depression verfrachtet dich regelmäßig in eine Hölle aus Dunkelheit, Dumpfheit und Schwere.

      Alles ist ein Klimmzug, alles erscheint zweifelhaft, am meisten das eigene Ich. Es ist ein so großer Schlag gegen die eigenen Psyche, dass er sogar körperliche Schmerzen hervorruft - bis zu dem Punkt, an dem es besser ist, gar nichts mehr zu fühlen. Depression kontrolliert dein Leben.


      Erinnere dich daran, wenn dein Partner Dinge tut, die du nicht verstehst.



      2. Dein Partner ist nicht wegen dir depressiv. Also nimm es nicht persönlich.

      Es nicht persönlich zu nehmen, ist verdammt harte Arbeit. Besonders, wenn man im Kopf überlegt, ob man etwas gemacht hat, das das Ganze ausgelöst hat.

      Ein bisschen Depression geht nicht. Wenn Depression, dann trifft sie den Menschen komplett und und als Betroffener bist nicht mehr du selbst in diesen Momenten.
      Gerade das macht es für Leute schwierig, die wissen, wie man "wirklich" ist. Da kann es sich leichter anfühlen, mit einem Fremden zusammen zu sein, als mit dem fremd erscheinenden Partner.
      Es entstehen viele Selbstzweifel: Vielleicht bin ich doch irgendwie die Ursache? Die Antwort ist eindeutig: Nein!


      Wenn dein Partner in deiner Gegenwart sich stark depressiv zeigt, ist es eigentlich ein gutes Zeichen. Es bedeutet, er vertraut dir genug, um es mit dir zu teilen. Manchmal versucht er, es zu verheimlichen. Manchmal stößt er dich zurück. Macht nichts. Bleib einfach dabei.


      3. Du kannst deinen Partner nicht wieder "in die Spur bringen"

      Ich weiß, du denkst, als Gegenpol sich optimistisch zu geben, hilft irgendwie und färbst schon ab. Und da ist auch noch die Liebe, die helfen wird. Nein, wird sie nicht. Liebe heilt keine Krankheiten. Positiv sein auch nicht.
      "Hallo, das Leben hat doch seine schönen Seiten", ist eine Einstellung, die die Sache auf Dauer nur verschlimmert. Es erinnert die Betroffenen daran, dass es den anderen gut geht und sie selbst davon ausgeschlossen sind.

      Zur Erinnerung:
      Menschen mit Depression sind nicht traurig. Auch wenn es danach aussieht, sie sind es nicht. Deshalb hilft auch nichts von dem, was gegen Traurigkeit hilft. Also probier nicht, sie aufzumuntern oder sie aufzufordern, sich auf das Positive zu konzentrieren.

      Versuch nicht zu sagen, das Leben besteht halt aus Sonnenschein und Schatten und damit müsse man zurecht kommen. Versuche, die geäußerten Gefühle anzuerkennen, aber versuche nicht, sie ihnen oder dir zu erklären, das bringt dich nur aus der Beziehung.


      Biete keine Alternativen oder Ratschläge. Du musst dabei nicht auch in Sack und Asche gehen, nur weil dein Partner eine Depression hat. Sei normal, sein unterstützend, aber denke nicht, dass du weisst, was gut ist für deinen Partner.


      4. Gefühl, egal welches, ist in Ordnung

      Der Weg aus der Depression kann ein langer, langer Weg zu einem Berggipfel sein. Wenn die Gefühle zurück kommen, passiert es zuweilen in einer Weise, die für Außenstehende verstörend wirkt: Manche fangen von einer auf die andere Sekunde an zu weinen, brechen zusammen, schluchzend hemmungslos.


      Steh einfach tröstend bei Seite.





      Andere geraten in einen Zustand von fast manischer Ausgelassenheit, die aber auch sofort wieder umkippen kann.


      Ermuntere diese freudige Empfindung behutsam.





      Viele aber zeigen Ärger. Großen Ärger. Anscheinend ohne ersichtlichen Grund. Sie werden auch ärgerlich über ihren Partner oder gegenüber anderen. Kleinigkeiten bringen sie zum Explodieren. Sei darauf vorbereitet, denn Ärger, Wut, Zorn ist ein Ventil für die Frustration und für die vielen Enttäuschungen und Entbehrungen, durch die dein Partner in den Zeiten der Depression gegangen ist. Und gemessen an dem, was sie durchgemacht haben, ist es völlig in Ordnung.


      Ermutige ihn oder lass ihn wenigsten in Frieden seinen Furor ausleben.



      5. Pass auf dich auf

      Der erster Impuls ist immer, dem Partner zu helfen. Aber Vorsicht: Jemanden zu lieben, der eine Depression hat, kann dich selber in ziemliche Verzweiflung stürzen. Auch wenn du dann denkst, du verstehst deinen Partner ... nein, tust du nicht. Statt dessen sorge immer auch für dich.

      Bleib bei deinen Träumen und Zielen. Manchmal hast du Schuldgefühle, weil du dich deinen Sachen widmest, deiner Arbeit, deinen Freunden und in dieser Zeit nicht für deinen Partner da bist. so als ob du aus der Beziehung aussteigst damit. Und für deinen Partner fühlt sich das an wie ein Schlag ins Gesicht.

      Wenn du Erfolg hast mit dem, was du dir vorgenommen hast, kann das in ihm eine Erinnerung wachrufen von dem, was ihm fehlt, aber es nutzt nichts, wenn du dich aufopferst. Du brauchst für dich Lebensqualität.

      Es wird Zeiten geben, in denen du verzweifelt bist, in denen Tränen kommen und du wirst verletzt werden. Vielleicht verspürst du den Wunsch, es deinem Partner nicht merken zu lassen. Mach es nicht! Lass es ihm wissen, wenn es für dich hart wird, aber auch, dass du trotzdem da bleibst. Sag nicht unbedingt, dass du dich gestern nacht heimlich in den Schlaf geweint hast, aber öffne dich ein wenig.

      Kümmere dich darum, einen für dich gesunden Weg zu finden, deinen emotionalen Balast abzuladen - und wenn es dein Hund ist, dem du alles weinend erzählst.

      6. Sei geduldig.

      Depression saugt einem alles Leben aus. Deshalb musst du aufpassen, dass es nicht auch dir das Leben entzieht. Depression ist hartnäckig. Und gegen Hartnäckigkeit hilft ein Kraut: Hartnäckigkeit.

      Informiere dich über Depression so weit wie möglich. Und wenn du Dinge herausfindest, die du nicht glauben kannst, lies sie noch einmal. Und sei skeptisch bei all dem, was schnelle und effektive Heilung verspricht oder darüber redet. Depression betrifft nie nur bestimmte Teile des Menschen, sondern die ganze Person. Sind nur einzelne Körperteile krank, dann haben wir immer noch den ganzen restlichen Menschen mit seinen gesunden Anteilen. Entsprechend mehr kann der Organismus der Krankheit entgegensetzen. Bei Depression ist es anders. Deshalb braucht es länger.

      Mitarbeiterführung - immer die selbe Leier. Jetzt auch bei mir

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      Zu mir kommen viele, die Schwierigkeiten am Arbeitsplatz haben. Nicht von der Sorte, von denen man sagen könnte: "Selber schuld".

      Eher von der Sorte, von denen man sagt: "Die würden gute Ergebnisse bringen - wenn die Leute, die in der Firma was zu sagen haben, es denn mal zulassen würden."

      Es geht um ein Faktum: die Lücke zwischen Anspruch und Realität. Und um die Frage, ob das, wenn es um Schuld geht, wohl in der deutschen Mentalität liegt.

      Diesmal wundere ich mich, ...

      ... wie wenig in deutschen Unternehmen persönliches Engagement gefördert und anerkannt wird. Und noch mehr wundere ich mich darüber, wie stromlinienförmig immer die selbe Begründung angegeben wird. Schuld sind immer "die da oben". Egal auf welcher Hierarchieebene man fragt - Schuld sind immer "die da oben".

      Es gibt einen betriebspsychologischen Grundsatz, der keiner Diskussion bedarf, so selbstverständlich hört er sich an:
      Verantwortungsvoller Umgang mit dem Personal fördert den Erfolg eines Unternehmens.

      Das eigentliche Problem, an das niemand ran will: 

      So traurig es ist, dieser Satz hat anscheinend bei den Wenigsten echte Konsequenzen. Mit Blick auf den Wettbewerb vergessen die führenden Köpfe die sogenannten basics: den guten Umgang mit ihren Mitarbeitern.

      "Die Mitarbeiter sind das Kapital des Unternehmens", 

       heißt es, aber die Kapitalresourcen sind im Zeitalter der Finanz- und Schuldenkrise ja schnell mal wenig Wert.
      "Dieser Kampf ums Überleben beeinflusst aber in zunehmendem Maße die innerbetriebliche Zusammenarbeit. So geht es zwischen den Mitarbeitern inzwischen mit immer härteren Bandagen zur Sache. Dabei muss man sich fragen: Merkt denn niemand, wie stark mit diesem Umgangsstil (und oft auch Umgangston) die Bemühungen um einen der vorderen Plätze im Markt konterkariert werden? Kommt es denn keinem in den Sinn, dass derart geistig und seelisch ausgelaugte, frustrierte Mitarbeiter und von diesen deshalb nur allzu oft düpierte Kunden alles andere als Türöffner zur Zukunft sind? Gefordert ist deshalb eine Rückkehr zu pfleglicheren innerbetrieblichen Umgangformen"(I. Nütten).
      "der seelisch-mentale Stressballast in Folge rüden Führungsverhalten ist ein gefährlich unterschätzter Sprengsatz an den Fundamenten der Unternehmen: Die harte innerbetriebliche Gangart macht die Mehrzahl der Mitarbeiter bereits zu angeschlagenen Kämpfern, bevor sie überhaupt mit ihrer Arbeit begonnen haben"(Th. Weegen).
      "Erfolge sind das sichtbar gewordene Ergebnis innerer Einstellung. Wo Führung ausschließlich als Powerplay mit Menschen und Mitteln betrieben und das innere Wohlbefinden der Belegschaft als Nebensache angesehen wird, heißt das Ergebnis nicht Erfolg, sondern Krise.
      Mit einem derartigen desolaten Innenleben findet kein Unternehmen die richtige Antwort auf die Fragen, die das hohe Innovations- und Wettbewerbstempo ständig aufwirft"(H. Volk).
      Drei Zitate aus dem Internet. Ja, die Dinge sind bekannt, allein ... Es scheint wieder mal der geflügelte Satz zuzutreffen:
      Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem

      Ist das die deutsche Art, business zu betreiben?

      Ein Blick in die Geschichte scheint diesen Verdacht nahe zu legen. Wie oft hat der Deutsche etwas erkannt, aber dann nichts draus gemacht?
      • Das Fax - eine deutsche Erfindung. Wer hat was draus gemacht? Die Asiaten!
      • Der Computer - eine deutsche Erfindung. Wer hat was draus gemacht? Amerika und Asien!
      • Die Glühlampe - auch so eine deutsche Idee. Wer hat was draus gemacht? Edison!
      • Das Telefon - eine deutsche Erfindung. Heute: keine Führung von deutscher Technologie mehr erkennbar.
      • der Walkman. Entwickelt von Andreas Pavel 1977. Niemand wollte ihn. Wer hat ihn gebaut und ist zum Weltmarktführer aufgestiegen? Sony! Zwei Jahre später!
      • Das Musikformat mp3 - eine deutsche Erfindung. Wer vermarktet es weltweit? Firmen wie Apple oder mp3.com
      Anscheinend kann man viel über deutsche Wirtschaftsführer sagen, aber dass sie visionär den Trend der Zeit erkennen, das scheint nicht zum Repertoire zu gehören.

      Unser Zeitalter

      Wir leben im Kommunikationszeitalter, in dem alles weitreichendere Folgen hat. Warum benehmen sich Führungskräfte nicht entsprechend? Und warum werden Erkenntnisse wie die obigen Zitate über Führungseinstellungen von der Geschäftsführung mit so großer Beharrlichkeit ignoriert? Als ob die Ignoranz zur deutschen Natur gehört!

      Als Führungskraft ist man nicht für den guten Seelenfrieden der Mitarbeiter zuständig. Aber zuständig ist man, wenn diesem Seelenfrieden im eigenen Betrieb Schaden zufügt wird. Ein Klima der Frustration, des Ignorierens, des Aufschreibens-und-sich-dann-nicht-mehr-melden zu erzeugen, das liegt sehr wohl im Zuständigkeitsbereich von Führungskräften.

      Allerdings fürchte ich, dass wir in 10 Jahren noch immer über das selbe Problem reden werden. Ich befürchte fast, all die Kündigungsschutzvorschriften, gekoppelt an Betriebszugehörigkeiten, haben in Verbindung mit Spezlwirtschaft bestimmte Positionen mit bestimmten Leuten gefüllt, die nur eines im Sinn haben: fest im Sattel zu sitzen, regelmäßig Gehalt zu beziehen und ansonsten einfach Ruhe zu haben. Auf Kosten der Firma und auf Kosten der Mitarbeiter.
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      Respekt in Arbeitsbeziehungen

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      Eine Gallup-Umfrage bestätigt wieder das, was seit 2001 ein stetiger Trend im Arbeitsleben ist: Deutsche haben innerlich gekündigt. Nun, nicht alle, 2013 war es jeder Sechste. 67 Prozent machen laut eigenen Angaben Dienst nach Vorschrift, 16 Porzent würden sich freiwillig für die Ziele der Firma einsetzen. Jetzt kann man sagen, die Deutschen sind in der Hängematte des Kündigungsschutzes eben bequem geworden, man kann auch, wie die Wirtschaftswoche, sagen, ...


      ... dass dafür in erster Linie die unmittelbaren Vorgesetzten verantwortlich sind.

      Viele Arbeitnehmer steigen, so die Untersuchung, hoch motiviert in ein Unternehmen ein, werden dann aber zunehmend desillusioniert. Irgendwann verabschieden sich mental aus dem Unternehmen und kündigen innerlich. Der Vorgesetzte ist bei diesem Prozess meist dabei und bemerkt ihn nicht. Zu stoppen versucht er ihn in aller Regel erst Recht nicht. Personalberaterin Heike Cohausz von P4 in Düsseldorf bringt dieses Phänomen auf eine Faustformel: “Menschen kommen zu Unternehmen und verlassen Vorgesetzte.”

      Woran liegt´s?"

      Auch darüber gibt´s Zahlen.

      Punkt 1, warum Mitarbeiter gehen, ist: geringe Wertschützung auf der Beziehungsebene und statt dessen ein Umgang, als wäre man ein Maschine, die keine Wertschätzung braucht


      Anscheinend wird regelmäßig übersehen: Wertschätzung und Respekt ist etwas Grundlegendes, auch wenn es nicht im Arbeitsvertrag steht.


      Distanz bewahrt Respekt

      Das "Sie" im Deutschen beinhaltet eine Distanz, die zu wahren für mich zum Beispiel in der therapeutischen Situation - die eh schon mehr Nähe impliziert als eine normale Situation - grundlegend ist. Sie ist Ausdruck des Respekts gegenüber meinen Leuten.

      Denn trotz aller Vertrautheit, der Therapeut ist nicht dein Freund. Er ist nicht dein Seelengefährte, nicht der Vater oder die Mutter, die dich auffangen, streicheln und umsorgen. Der Therapeut ist Profi und die Beziehung ist und soll eines bleiben: eine Arbeitsbeziehung! Ich mag das. Und so sollte es meiner Meinung nach an jedem Arbeitsplatz sein.

      Nichts gegen unterschiedliche persönliche Nähe auch während der Arbeit. Aber es gibt Betriebe, da wirst du zwangsverduzt. Ich meine jetzt nicht die US-Unternehmen mit Ihrer Kultur, sich beim Vornamen anzureden. Das englische "you" ist anders als das deutsche "Du".
      Ich meine all diejenigen, bei denen das "Sie" inzwischen die Ausnahme ist und wo das "Du" mit einer Art Anspruchshaltung "bei uns ist das so üblich" ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Beziehungen einem über den Schädel gekippt wird. Paradebeispiel ist hier der sozialpädagogische Sektor und die restliche deutsche Hilfsindustrie.
      Diese Leute glauben mit dem "Du" existiert gleichzeitig ein "familiäres Verhältnis am Arbeitsplatz".

      Bullshit Leute, so funktioniert das nicht!


      Außerdem scheint dieses Getue eines zu sugerrieren:
      Dass wir hier alle vertraut sind und gut miteinander auskommen. Deshalb brauchen wir auch uns nicht groß über faire Konfliktstrategien kümmern, wir können sie ja eh, und außerdem sind wir doch wie eine Familie.

      Wer ein ein familiäres Arbeitsverhältnis braucht, der hat mein tiefstes Mitleid. Was muss der für ein "Sch..." Sozialleben führen? Die meisten haben jedoch schon ein familiäres Verhältnis und sie brauchen kein Zweites.


      Und jetzt einmal ehrlich: wenn es hart auf hart kommt, entscheidet das unternehmerische und arbeitsrechtliche Verhältnis.


      In meiner Tätigkeit als Mediator ist mir eines stark aufgefallen (und es wird wissenschaftlich gedeckt): Wenn es um Mobbing, Intrigen und Niederträchtigkeit am Arbeitsplatz geht, dann ist der soziale Bereich ganz vorne dabei. Wozu also so ein pseudofamiliäres Getue?


      Arbeitsplätze brauchen eine Haltung der persönlichen Distanz

      Letzte Woche wurde in die Notaufnahme eine junge Frau eingeliefert. Sie hatte so etwas wie einen epileptischen Anfall, war unglücklich gestürzt und hatte sich den Kopf aufgeschlagen. Man behielt sie da für weitere Tests. Sie wollte nicht. Daran ist auch nichts Schlimmes. Dass sie jedoch die behandelnde Ärztin mehrmals mit "blöde F*tze" titulierte, war aber dann doch zu viel des Guten.


      Es gibt Beziehungen zwischen Menschen, die halten so einen Kommunikationsstil aus. Arbeitsbeziehungen tun es nie!



      Arbeitsbeziehungen handeln von Menschen, die miteinander, würden sie sich privat persönlich kennenlernen, oft nicht viel anzufangen wüssten. Arbeitsbeziehungen sind in erster Linie Zweckgemeinschaften, deren Ziele man sich nicht aussuchen kann, sondern die von höherer Hierarchiestufe vorgegeben und geändert werden.

      Respekt impliziert das Wort "Anerkennung". 


      Das erste, was Anerkennung leistet, ist, dass sie gewahr ist, wo man sich befindet: Raum, Umgebung Abläufe.



      Anerkennung ist also etwas, das man selber leisten muss: Es bedeutet, erkennen, dass Arbeitsbeziehungen keine familiären Beziehungen sind und es auch nie werden sollen. Darauf aufbauend ist es dann die Art, wie man dazu Beziehung aufnimmt, die den Respekt ausmacht.

      Wenn man zum Beispiel gewahr wird, sich nicht in einer Gesellschaftssturktur aus dem 19. Jahrhundert mit ihren Bediensteten, die einem hörig sein müssen, zu befinden,  dann hat man sein Verhalten darauf abzustellen.
      Ärzte, um die obige Situation aufzugreifen, sind keine Bediensteten aus dem 19. Jahrhundert (Therapeuten auch nicht) und Mitarbeiter, egal in welcher Branche, ebenfalls nicht.


      Wer sich entscheidet, nicht dem herrschenden Umgang zu folgen, der muss einen wählen, der auf einer höheren Stufe liegen, will er nicht Streit oder Isolation provozieren.

      Generell gilt: Man kann sich nur entscheiden, das Niveau zu erhöhen, sonst wird das Leben holprig.

      Wer sich also im obigen Beispiel entscheidet, nicht dem Umgangston mit der "blöden F*tze" zu folgen, für den gibt es nur eine Richtung: ein besseres Niveau. (Unabhängig von dieser ethischen Begründung, wäre es schwierig, das Niveau bei diesem Beispiel verbal noch zu unterbieten)

      Wie Respekt bei Respektlosigkeit funktioniert

      Um noch einmal das Arbeitsfeld "Seidungsmedation" zu bemühen: Während zum Beispiel andere Kollegen in den Gesprächsregeln festhalten, dass Beleidigungen draußen zu bleiben haben, sind sie bei mir ausdrücklich erlaubt. Ich führe nur eine Fairnessklausel ein.

      Konkret heißt das, es gibt eine Erlaubnis, es dem anderen mit gleicher Münze zurückzahlen zu können.


      "Also, wenn Sie ihn "blödes A*****och" nennen dürfen, dann darf er Sie als "dumme Schl*mpe bezeichnen."




      Denn ich weiß natürlich, wenn die Gefühle mit Menschen durchgehen, dann haben die wenigsten die Selbstbeherrschung sich selber rechtzeitig so zügeln zu können, dass sie wieder regelkonform werden.

      Ich habe interessante Erfahrungen mit dieser Fairness-Regel gemacht.

      Ersten muss meist irgend jemand bei so einer Ankündigung kurz lächeln, zweitens verhindert diese ausdrückliche Erlaubnis wirklich schärfere Eskalationen. Und drittens habe ich die phantastische Möglichkeit, immer einwerfen zu können, dass nach einer erfolgten Verbalinjurie ich gleich der anderen Partei Zeit geben werde, jetzt zurück zu beleidigen. So war es schließlich ausgemacht.

      Regelmäßig wird sichtbar, dass so ein Beleidigungs-Ping-Pong nicht weiter führt.

      Mitterand und seine Frau sollen sich übrigens in der Öffentlichkeit immer noch gesiezt haben. Gut, das kann man als übertrieben bezeichnen, aber so eine Gepflogenheit kann einiges bremsen kann, was auf dem Weg unter die Gürtellinie ist.


      Mahatma Gandhi hat folgende Verse formuliert:

      Your beliefs become your thoughts,
      Your thoughts become your words,
      Your words become your actions,
      Your actions become your habits,
      Your habits become your values,
      Your values become your destiny.

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